Experiment gibt neue Einblicke in die Jetstreams auf Jupiter

Blick auf Jupiters Südpol (oben links und unten rechts) und Bilder des Laborexperiments (oben rechts und unten links). (Credit: Jonathan Aurnou)
Blick auf Jupiters Südpol (oben links und unten rechts) und Bilder des Laborexperiments (oben rechts und unten links). (Credit: Jonathan Aurnou)

Jupiters farbenfrohe, wirbelnde Jetwinde haben Astronomen lange Zeit Kopfzerbrechen bereitet. Ein Rätsel war, ob diese Jetstreams nur in der oberen Atmosphäre des Planeten existieren (ähnlich wie die Jetstreams auf der Erde), oder ob sie in das gasförmige Innere Jupiters hinabreichen. Wenn Letzteres der Fall ist, könnte es neue Anhaltspunkte über die innere Struktur und die innere Dynamik des Planeten geben.

Jetzt haben der Geophysiker Jonathan Aurnou von der University of California in Los Angeles (UCLA) und Mitarbeiter in Marseille (Frankreich) Jupiters Jetstreams erstmals im Labor simuliert. Ihre Arbeit demonstriert, dass sich die Winde wahrscheinlich tausende Kilometer in Jupiters sichtbare Atmosphäre hinein erstrecken. Die Studie wurde am 23. Januar 2017 online im Journal Nature Physics veröffentlicht.

“Wir können diese Strukturen im Computer simulieren, aber wir konnten sie nicht in einem Labor erzeugen”, sagte Aurnou, Professor für Erd-, Planeten- und Weltraumwissenschaften, der das letzte Jahrzehnt damit verbracht hat, Computermodelle von wirbelnden Winden zu erforschen. “Wenn wir ein theoretisches Verständnis eines Systems haben, sollten wir imstande sein, ein analoges Modell zu erschaffen.”

Die Herausforderung bei der Nachbildung wirbelnder Winde im Labor war die Erschaffung eines Planetenmodells mit drei Schlüsseleigenschaften, die für die Entstehung von Jetstreams vermutlich notwendig sind: schnelle Rotation, Turbulenzen und ein “Krümmungseffekt”, der die Kugelform eines Planeten nachahmt. Frühere Versuche, Jetstreams in einem Labor zu erschaffen, scheiterten Aurnou zufolge oft daran, dass die Forscher ihre Modelle nicht schnell genug drehen lassen konnten, um für ausreichend Turbulenzen zu sorgen.

Der Durchbruch für Aurnous Team war ein neues Gerät in der Ausstattung des Labors. Die Forscher nutzten einen luftgelagerten Tisch, der mit 120 Umdrehungen pro Minute rotieren kann und eine Last von bis zu 1.000 Kilogramm trägt. Das bedeutet, er kann einen großen Flüssigkeitstank mit hoher Geschwindigkeit auf eine Art und Weise drehen, die Jupiters schnelle Rotation nachbildet.

Die Wissenschaftler befüllten einen Industrietank mit 400 Litern Wasser und platzierten ihn auf dem Tisch. Als der Container sich drehte, wurde das Wasser gegen seine Wände gedrückt und bildete eine Parabolform, die der gekrümmten Oberfläche Jupiters glich.

“Je schneller er rotierte, desto besser bildeten wir die starken Effekte der Rotation und Krümmung nach, die auf Planeten existieren”, sagte Aurnou. Aber das Team stellte fest, dass 75 Umdrehungen pro Minute eine praktische Grenze bedeuteten: Es war schnell genug, um die Flüssigkeit in eine stark gekrümmte Form zu zwingen, aber langsam genug, um das Wasser davon abzuhalten, aus dem Container herauszuschwappen.

Als der Behälter rotierte, nutzten die Forscher eine Pumpe unter seinem Zwischenboden, um Wasser durch eine Reihe ein- und ausgehender Löcher zirkulieren zu lassen und Turbulenzen zu erzeugen – eine der drei entscheidenden Bedingungen des Experiments. Die turbulente Energie wurde zu Jetstreams kanalisiert und innerhalb von Minuten hatte sich der Wasserfluss in sechs konzentrische Strömungen verändert, die sich in wechselnde Richtungen bewegten.

“Dies ist das erste Mal, dass jemand demonstriert hat, dass starke Jetstreams, die wie jene auf Jupiter aussehen, sich in einer echten Flüssigkeit entwickeln können”, sagte Aurnou. Die Forscher schlussfolgerten, dass die Jetstreams tief hinabreichen, weil sie sie auf der Wasseroberfläche sehen konnten, obwohl sie die Turbulenzen am Containerboden eingebracht hatten.

Die Wissenschaftler freuen sich darauf, ihre Vorhersagen mit echten Daten von Jupiter testen zu können, und sie werden nicht lange darauf warten müssen: Die NASA-Raumsonde Juno umkreist jetzt gerade den Jupiter und sammelt Daten über seine Atmosphäre, sein Magnetfeld und seine innere Struktur. Erste Ergebnisse der Juno-Mission wurden im Dezember 2016 auf dem Treffen der American Geophysical Union in San Francisco präsentiert, und Aurnou war anwesend.

“Die Juno-Daten des allerersten Vorbeiflugs an Jupiter zeigten, dass sich Strukturen aus Ammoniakgas über 95 Kilometer tief in das Innere Jupiters erstreckten, was eine große Überraschung für Junos Wissenschaftsteam war”, sagte Aurnou. “Forscher der UCLA werden eine wichtige Rolle bei der Erklärung der Daten spielen.”

Dieses Jahr werden Aurnou und sein Team Supercomputer am Argonne National Laboratory in Argonne (Illinois) verwenden, um die Dynamik von Jupiters Atmosphäre und seiner inneren Struktur zu simulieren. Sie werden außerdem ihre Arbeit in dem Labor in Marseille fortsetzen, um die Simulation mit dem rotierenden Tisch noch komplexer und realistischer zu gestalten.

Ein Ziel ist es, eine dünne, stabile Flüssigkeitsschicht oben auf dem rotierenden Wasser hinzuzufügen, die als die dünne, äußere Schicht von Jupiters Atmosphäre fungieren würde, welche für das Wetter auf dem Planeten verantwortlich ist. Die Forscher glauben, dass dies ihnen helfen wird, Strukturen wie Jupiters berühmten Großen Roten Fleck zu simulieren.

Die Forschungsarbeit wurde vom Geophysics Program der National Science Foundation, der French Agence Nationale pour la Recherche und der Aix-Marseille University Foundation finanziert.

Quelle

(THK)

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2 Kommentare

  1. Ich interessiere mich bereits seit langem für die Jetstreams auf Jupiter. Dass man die wirbelnden Winde im Labor nachbilden kann, ist unglaublich. Ein Planetenmodell im Labor mit notwendiger Rotation, Turbulenzen und Krümmung klingt sehr beeindruckend.

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