Das Internationale Teleskoptreffen Vogelsberg ITV 2017

Sternstrichspuren auf dem ITV 2017. (Credit: astropage.eu)
Sternstrichspuren auf dem ITV 2017. (Credit: astropage.eu)

Auch dieses Jahr waren wir wieder vor Ort auf dem Internationalen Teleskoptreffen Vogelsberg, kurz ITV. Es war nach dem letzten Jahr schon die zweite Schönwetterkatastrophe hintereinander. Der Begriff bezieht sich mit einem Augenzwinkern auf recht viele Teleskoptreffen in den vergangenen Jahren, bei denen das Wetter außer Dauerregen und Gewittern nicht viel zu bieten hatte. “Katastrophal” ist es deshalb, weil man vor lauter Beobachtungen am Tag und in der Nacht kaum mehr zum Schlafen kommt.

Offiziell dauerte das ITV 2017 vom 24.-28. Mai. Es gab allerdings wie in jedem Jahr einige Leute, die bereits viele Tage früher auf dem Campingplatz in Gedern sind, sei es wegen des geselligen Beisammenseins oder wegen der Beobachtungen oder beides. Auch wir reisten ein paar Tage vor dem offiziellen Beginn des ITV an, um den wirklich dunklen Himmel um Neumond herum zu nutzen und möglichst viele gute astronomische Beobachtungen zu machen. Die ersten beiden Tage waren noch regnerisch und durchwachsen, aber dann wurde das Wetter stetig sonniger und klarer.

Das nebenstehende Bild ist das erste Astrobild, das wir auf dem ITV 2017 gemacht haben. Sternstrichspuren sind immer ein guter Anfang. In diesem Fall waren es 120 Einzelaufnahmen mit jeweils 30 Sekunden Belichtungszeit bei ISO 800 und f/3,5 (hier auf Flickr). Und während die Kamera dank programmierbarem Intervalometer alleine vor sich hinknipste, kamen wir mit anderen Astro-Begeisterten ins Gespräch, die an unserem Zelt vorbeiliefen. Die Themen waren dabei so vielfältig wie in den vergangenen Jahren: Von den Lieblingsobjekten über Kamera- und Teleskoptechnik bis hin zu aktuellen Nachrichten aus der astronomischen Forschung – man findet immer ein Gesprächsthema.

Blick auf die Zeltwiesen vor dem ITV 2017. (Credit: astropage.eu)
Blick auf die Zeltwiesen vor dem ITV 2017. (Credit: astropage.eu)

Gedern liegt ungefähr 50 Kilometer nordöstlich von Frankfurt am Main. Auf dem etwas abseits der Stadt gelegenen Campingplatz am Gederner See hat man einen ausgezeichneten Himmel, um visuelle Beobachtungen durchzuführen und Astrofotografie zu betreiben. Gelegentlich ist die Orientierung am Himmel nicht so ganz einfach, weil sehr viel mehr Sterne zu sehen sind als in Gegenden mit höherer Lichtverschmutzung, was durchaus verwirrend sein kann. Das Bild oben zeigt eine von mehreren Zeltwiesen. Es entstand ein paar Tage vor dem offiziellen Beginn des ITV 2017 und demonstriert, wie beliebt dieser dunkle Standort bei Hobby-Astronomen ist.

Sonne vom 23. Mai 2017. (Credit: astropage.eu)
Sonne vom 23. Mai 2017. (Credit: astropage.eu)

Sonniges Wetter lädt dazu ein, unser Zentralgestirn genauer zu beobachten. Dieses Bild (hier auf Flickr) basiert auf einer kurzen Videosequenz mit knapp 2.000 Einzelframes, die per Software weiterverarbeitet wurden, um die störende Luftunruhe zumindest bis zu einem gewissen Grad herauszumitteln. Mit den 1.250 Millimetern Brennweite des Maksutov-Teleskops waren ein paar kleinere Sonnenflecken zu sehen. Im Verlauf der nächsten Tage entwickelte sich die Gruppe zwar weiter (siehe unten), aber insgesamt ist die Sonne während ihres aktuellen Sonnenfleckenminimums noch relativ ruhig. Etwas mehr Glück hatten die Anwesenden, die ein H-alpha-Teleskop ihr Eigen nennen dürfen. Im Licht der Wasserstofflinie kann man Protuberanzen und Filamente erkennen, die die Sonne mit hohen Geschwindigkeiten wegschleudert. Oft sind diese Strukturen so dynamisch, dass sie sich innerhalb von nur wenigen Minuten merklich verändern.

Tatkräftige Unterstützung: Ein Käfer auf dem Fokussierrad des Teleskops. (Credit: astropage.eu)
Tatkräftige Unterstützung: Ein Käfer auf dem Fokussierrad des Teleskops. (Credit: astropage.eu)
Jupiter vom 24. Mai 2017. (Credit: astropage.eu)
Jupiter vom 24. Mai 2017. (Credit: astropage.eu)

Ähnlich dynamisch ist der größte Planet unseres Sonnensystems: der Gasriese Jupiter. Er dreht sich in knapp zehn Stunden einmal um sich selbst, was bedeutet, dass man im Verlauf einer Beobachtungsnacht deutliche Veränderungen verfolgen kann. Dazu gehört beispielsweise der Transit des Großen Roten Flecks, der oben links zu sehen ist. Es handelt sich dabei um einen gigantischen Wirbelsturm, der fast doppelt so groß wie unser Heimatplanet ist (zum Bild auf Flickr). Da das kleine Teleskop relativ nah am Weg neben dem Zelt aufgebaut war, blieb der eine oder andere interessierte Hobby-Astronom stehen und warf einen Blick durchs Okular, meist begleitet von Fragen und Fachsimpeleien bezüglich der Aufnahmetechnik und Bildverbeitung von Planetenkameras.

Sonne vom 25. Mai 2017. (Credit: astropage.eu)
Sonne vom 25. Mai 2017. (Credit: astropage.eu)

Wie weiter oben erwähnt, entwickelte sich die Fleckengruppe auf der Sonne weiter. Dieses Bild (hier auf Flickr) und die nachfolgenden Bilder entstanden während der Mittagszeit in einer Phase mit weniger gutem Seeing, wie es in der Fachsprache heißt. Der Begriff Seeing bezeichnet die Stärke der Luftunruhe, die sich insbesondere bei hohen Brennweiten negativ auf die Bildqualität und Schärfe auswirkt. Die 1.250 Millimeter Brennweite des Maksutov-Teleskops waren etwas zu viel, aber auch die Reduzierung der Brennweite auf 650 Millimeter (mit einem anderen Teleskop) erlaubte zum Zeitpunkt der Aufnahme leider kein wirklich scharfes Bild (siehe unten oder auf Flickr). Allerdings war das nicht schlimm. Auch wenn das geplante Sonnenmosaik an diesem Tag kein lohnenswertes Ziel war, lässt sich das bei Gelegenheit nachholen. Wir konnten die Zeit nutzen, um durch andere Teleskope zu schauen, unter anderem mehrere H-alpha-Teleskope, die zu Demonstrationszwecken auf der Händlerwiese aufgebaut waren.

Sonne vom 25. Mai 2017. (Credit: astropage.eu)
Sonne vom 25. Mai 2017. (Credit: astropage.eu)

Nach dem heißen Tag und entsprechend vielen geleerten Wasser- und Colaflaschen kühlte es langsam ab. Unsere gelegentlichen, von Neugier getriebenen Exkursionen über den Platz führten zu interessanten Gesprächen (Gruß an Stefan, dem wir gerne mit Strom für die Kühlbox ausgeholfen haben). Auch zeigte sich, dass das “International” im Titel tatsächlich so gemeint ist. Der Großteil der angereisten Astro-Begeisterten stammte natürlich aus Deutschland, aber den Nummernschildern nach zu urteilen, waren auch Gäste aus den Niederlanden, Schweden, Belgien und der Schweiz vor Ort (Gruß an Marc). Bei einem der Gespräche schnappten wir auf, dass die Internationale Raumstation ISS zu günstigen Zeiten Deutschland überfliegen würde. Das unten eingebundene Bild zeigt den Überflug der ISS am Abend des 25. Mai 2017. Vier Belichtungen mit jeweils circa 20 Sekunden wurden übereinandergelegt, um die helle Strichspur der ISS am Himmel zu verfolgen (hier auf Flickr).

Überflug der ISS am 25. Mai 2017. (Credit: astropage.eu)
Überflug der ISS am 25. Mai 2017. (Credit: astropage.eu)

Der Abend war vielversprechend. Nachdem die Internationale Raumstation ISS über unsere Köpfe hinweggezogen war, konnten wir uns auf ein anderes Ziel konzentrieren und mit den Vorbereitungen dafür beginnen. Letztere bestanden darin, das Equipment aufzubauen, zu justieren und einzurichten. Dann musste es nur noch etwas dunkler werden. Das Beobachtungsziel war der Hantelnebel, auch bekannt als Messier 27 oder kurz M27 – das ist ein planetarischer Nebel im Sternbild Vulpecula (Fuchs). Das folgende Bild ist das vorläufige Ergebnis des Stackings aus 18 Einzelaufnahmen. Jedes Bild wurde fünf Minuten lang mit ISO 800 belichtet; die Brennweite lag bei 650 Millimetern. Die Farben des Nebels treten jedoch erst bei Langzeitbelichtungen hervor. Das menschliche Auge ist nicht in der Lage, so lange zu belichten, deswegen nimmt es beim visuellen Blick ins Teleskop von wenigen Ausnahmen abgesehen nur Grautöne wahr. Zum Bild auf Flickr.

Der Hantelnebel M27 am 26. Mai 2017. (Credit: astropage.eu)
Der Hantelnebel M27 am 26. Mai 2017. (Credit: astropage.eu)

Insgesamt kamen also 18*5 = 90 Minuten Belichtungszeit zusammen, dazu drei Dunkelbilder (Darks) mit ebenfalls 5 Minuten Belichtungszeit, um das Rauschen zu reduzieren. Mit mehr Belichtungszeit werden an dem Objekt weitere Strukturen erkennbar, aber das Ziel lag hier eher darin, bei der Langzeitbelichtung runde Sterne zu bekommen. Von den physikalisch bedingten Verzeichnungen am Bildrand (Newton-Koma) abgesehen, haben wir dieses Ziel erreicht.

Der nächste Abend verlief weniger erfreulich – nicht nur für uns, sondern auch für viele andere Teilnehmer, die mit uns auf den hinteren Wiesen ihre Zelte aufgeschlagen hatten. Seit Mittwoch hatten sich mehr und mehr Teilnehmer auf den hinteren Wiesen eingefunden, so dass es dort recht voll wurde. Der Platz war aber nicht das Problem, sondern die zu geringe Anzahl der Stromkästen, gepaart mit einer gesunden Portion Egoismus und einem Hauch von technischem Unvermögen – oder war es umgekehrt?

Wie auch immer: Eigentlich sollte jedem vernünftigen Menschen klar sein, dass man normale Indoor-Steckerleisten nicht einfach ungeschützt ins nasse Gras legt. Oder dass man keine aufgerollten Kabeltrommeln in ungeschützte Steckerleisten steckt. Oder dass man keine Elektroautos (!) anschließt. Tja, es kam, wie es kommen musste (kurioserweise hatten wir schon am Tag der Anreise auf dieses Problem hingewiesen). Stromausfall die ganze Nacht.

Das fotografische Ergebnis dieser Nacht sieht man unten. Glücklicherweise war der Kameraakku voll geladen, so dass er über 200 Bilder für Sternstrichspuren machen konnte. Der markante Strich im Bild ist die Spur der ISS, die per Zufall quer durch das Blickfeld zog. Verwendet wurden 235 Bilder mit 30 Sekunden Belichtungszeit und ISO 800 bei 18 Millimetern Brennweite. Zum Bild auf Flickr.

Sternstrichspuren vom 27. Mai 2017. (Credit: astropage.eu)
Sternstrichspuren vom 27. Mai 2017. (Credit: astropage.eu)

Das zugehörige Zeitraffervideo:

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Video-Link: https://youtu.be/vgxnIn1nFkI

 

Grundmotto der Hobby-Astronomie: Mache das Beste aus den aktuellen Gegebenheiten. Und so bot sich die Gelegenheit, sehr ausführlich auf die Fragen eines interessierten Astrofotografie-Einsteigers einzugehen (Gruß an Thomas). Er und seine bessere Hälfte machten ein paar Tage Kurzurlaub und nutzten das Teleskoptreffen, um sich intensiver mit der nicht immer leichten Materie zu beschäftigen. Wie das so ist, aus dem “Sie” wird ganz schnell das “Du”. Und eine höfliche Anfrage, ob man am nächsten Abend mit Fotoausrüstung wieder vorbeikommen und gemeinsam ein paar Astrofotos machen dürfe, haben wir noch nie abgelehnt. Gemeinsam macht das Fotografieren mehr Spaß und die Lernkurve steigt kontinuierlich an.

Teleskope in ihrem natürlichen Lebensraum. (Credit: astropage.eu)
Teleskope in ihrem natürlichen Lebensraum. (Credit: astropage.eu)

Der Höhepunkt des ITV ist die Prämierung der Selbstbauten. Wie unten zu sehen ist, kommen Teilnehmer und Besucher zusammen, um den Erläuterungen der Organisatoren zu lauschen. Prämiert werden beispielsweise innovative Selbstbauten oder Umbauten, welche die Bedienung des Equipments oder die astronomische Beobachtung allgemein erleichtern. Einen der stolzen Preisträger kannten wir bereits von früheren Treffen (Gruß an Heinrich, viel Spaß mit dem Koffer).

Prämierung der Selbstbauten auf dem ITV 2017. (Credit: astropage.eu)
Prämierung der Selbstbauten auf dem ITV 2017. (Credit: astropage.eu)
- Ohne Worte - (Credit: astropage.eu)
– Ohne Worte – (Credit: astropage.eu)

Im Anschluss an die Prämierung der Selbstbauten folgte eine bewegende Rede im Gedenken an den leider verstorbenen Martin Birkmaier, der das ITV vor 26 Jahren mit ins Leben gerufen hatte. Auch wir hatten auf früheren Treffen einige Worte mit ihm gewechselt und behalten ihn als netten und hilfsbereiten Menschen in Erinnerung.

Fazit: Die zweite Schönwetterkatastrophe hintereinander. Von uns aus darf es im nächsten Jahr so weitergehen, aber idealerweise mit ein paar Wolken beim Zeltabbau.

Weitere Grüße an…
Rosel und Norbert (Danke für die Gummibärle, die Kekse und die vielen lustigen Gespräche)
Bernard
Die Jungs und Mädels vom MASH (weil es sich so gehört)
Die Jungs und Mädels vom Koma-Haufen
Raphael
Und alle anderen, mit denen wir Fachsimpeln und eine schöne Zeit verbringen durften

(THK)

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