Alte Galileo-Daten liefern neue Belege für Gasfahnen auf Europa

Künstlerische Darstellung von Jupiter (hinten) und Europa (vorne) mit der Raumsonde Galileo nach ihrem Flug durch eine Gasfahne, die von Europas Oberfläche entströmt. Die magnetischen Feldlinien (blau) zeigen, wie die Gasfahne mit dem Plasma von Jupiter interagiert. Die roten Bereiche auf den Linien zeigen dichteres Plasma an. (Credits: NASA / JPL-Caltech / Univ. of Michigan)
Künstlerische Darstellung von Jupiter (hinten) und Europa (vorne) mit der Raumsonde Galileo nach ihrem Flug durch eine Gasfahne, die von Europas Oberfläche entströmt. Die magnetischen Feldlinien (blau) zeigen, wie die Gasfahne mit dem Plasma von Jupiter interagiert. Die roten Bereiche auf den Linien zeigen dichteres Plasma an. (Credits: NASA / JPL-Caltech / Univ. of Michigan)

Eine erneute Analyse von Daten einer alten Mission bringt neue Einblicke in die quälende Frage, ob Jupiters Mond Europa die Eigenschaften besitzt, Leben zu unterstützen. Die Daten liefern unabhängige Belege dafür, dass das Wasserreservoir unter der Oberfläche des Mondes Wasserdampffahnen durch seinen Eispanzer ausgasen könnte.

Daten, die die NASA-Raumsonde Galileo im Jahr 1997 sammelte, wurden in neue und verbesserte Computermodelle eingegeben, um ein Rätsel zu entschlüsseln, das bis jetzt ungelöst blieb: eine kurze, lokale Krümmung in dem Magnetfeld. Frühere Ultraviolettbilder, die das Weltraumteleskop Hubble im Jahr 2012 aufnahm, sprachen für die Präsenz von Gasfahnen, aber diese neue Analyse nutzte Daten, die viel näher an der Quelle gesammelt wurden und deutliche, bekräftigende Belege für Gasfahnen ergaben. Die Ergebnisse erschienen gestern im Journal Nature Astronomy.

Die Forschungsarbeit wurde von Xianzhe Jia geleitet, einem Weltraumphysiker von der University of Michigan in Ann Arbor. Jia ist der Hauptautor der Abhandlung und als Forscher außerdem an zwei Instrumenten beteiligt, die sich an Bord des Europa Clipper befinden werden. Der Europa Clipper ist die nächste NASA-Mission, die die potenzielle Bewohnbarkeit des Mondes erforschen wird. “Die Daten waren vorhanden, aber wir brauchten verbesserte Modelle, um die Beobachtung zu erklären”, sagte Jia.

Jias Team wurde von Melissa McGrath vom SETI Institute in Mountain View (Kalifornien) dazu angespornt, die Galileo-Daten nochmals zu analysieren. Als Mitglied des Europa Clipper Wissenschaftsteams zeigte McGrath dem Team eine Präsentation, die andere Hubble-Beobachtungen von Europa hervorhob.

“Bei einem der von ihr erwähnten Orte klingelte es. Galileo machte einen Vorbeiflug an dem Ort und das war der engste, die wir jemals hatten. Wir erkannten, dass wir zurückgehen mussten”, sagte Jia. “Wir mussten sehen, ob es irgendetwas in den Daten gab, das uns verraten könnte, ob es dort eine Gasfahne gab oder nicht.”

Zum Zeitpunkt des Vorbeiflugs im Jahr 1997, etwa 200 Kilometer oberhalb von Europas Oberfläche, ging das Galileo-Team nicht davon aus, dass die Raumsonde eine Gasfahne streifen könnte, die von dem Eismond ausging.

Als Jias Team die Daten des 21 Jahre alten Vorbeiflugs untersuchte, zeigten die hochauflösenden Magnetometerdaten etwas Seltsames. Darauf aufbauend, was Wissenschaftler aus der Erforschung der Gasfahnen von Saturns Mond Enceladus erfahren hatten (nämlich dass Material in Gasfahnen ionisiert wird und eine charakteristische Signatur im Magnetfeld hinterlässt), wussten sie, wonach sie suchen mussten. Und da war die Signatur auf Europa: eine kurze, begrenzte Krümmung im Magnetfeld, die bis dato nie erklärt wurde.

Galileo hatte einen leistungsfähigen Plasmawellenspektrometer (Plasma Wave Spectrometer, PWS) an Bord, um Plasmawellen zu messen, die von geladenen Teilchen in Gasen nahe Europas Atmosphäre erzeugt wurden. Jias Team nutzte auch diese Daten und auch sie schienen die Präsenz einer Gasfahne zu unterstützen.

Aber die Zahlen allein konnten kein vollständiges Bild zeichnen. Jia pflegte die Magnetometrie- und Plasmawellensignaturen in neue 3D-Modelle ein, die von seinem Team an der University of Michigan entwickelt wurden und die Wechselwirkungen von Plasma mit den Himmelskörpern des Sonnensystems simulieren. Das letzte Teil waren die Hubble-Daten, die Hinweise auf die Dimensionen der potenziellen Gasfahnen lieferten.

Das Ergebnis mit einer simulierten Gasfahne stimmte mit den Magnetfeld- und Plasmasignaturen in den Galileo-Daten überein.

“Jetzt scheint es dort zu viele Belege zu geben, um Gasfahnen auf Europa unbeachtet zu lassen”, sagte Robert Pappalardo, Projektwissenschaftler des Europa Clipper am Jet Propulsion Laboratory (JPL) der NASA in Pasadena (Kalifornien). “Dieses Ergebnis lässt die Gasfahnen viel realer erscheinen und markiert für mich einen Wendepunkt. Es sind nicht länger nur unsichere Signaturen auf einem Bild, das weit weg aufgenommen wurde.”

Die Ergebnisse sind gute Nachrichten für die Europa Clipper Mission, die schon im Juni 2022 starten könnte. Aus seiner Umlaufbahn um Jupiter wird sich der Europa Clipper dem Mond in schnellen, niedrigen Vorbeiflügen nähern. Wenn aus Europas Ozean oder Seen unter der Oberfläche tatsächlich Gasfahnen entströmen, könnte der Europa Clipper die gefrorene Flüssigkeit
und Staubteilchen untersuchen. Das Missionsteam bereitet sich jetzt darauf vor, nach potenziellen Umlaufbahnen zu suchen, und die neue Forschungsarbeit wird in diese Gespräche einbezogen.

“Wenn Gasfahnen existieren und wir direkt untersuchen können, was aus dem Innern Europas kommt, dann können wir auch leichter die Frage beantworten, ob Europa die Voraussetzungen für Leben besitzt”, sagte Pappalardo. “Das ist das Ziel der Mission. Das ist das große Bild.”

Das Jet Propulsion Laboratory leitet die Europa Clipper Mission für das Science Mission Directorate der NASA.

Quelle

(THK)

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