Neue Studie zu aktiven galaktischen Kernen in verschmelzenden Galaxien

Das kollidierende Galaxienpaar VV705. Die Analyse ergab, dass bei VV705 etwa 75 Prozent der Leuchtkraft von Sternentstehungsprozessen stammen. (Credits: NASA, ESA, the Hubble Heritage Team (STScI / AURA) – ESA / Hubble Collaboration and A. Evans (University of Virginia, Charlottesville / NRAO / Stony Brook University))
Das kollidierende Galaxienpaar VV705. Die Analyse ergab, dass bei VV705 etwa 75 Prozent der Leuchtkraft von Sternentstehungsprozessen stammen. (Credits: NASA, ESA, the Hubble Heritage Team (STScI / AURA) – ESA / Hubble Collaboration and A. Evans (University of Virginia, Charlottesville / NRAO / Stony Brook University))

Es ist seit langer Zeit bekannt, dass Interaktionen zwischen Galaxien die galaktische Entwicklung beeinflussen. Das sind häufige Ereignisse, und eine große Mehrheit der Galaxien zeigt Anzeichen für Interaktionen, darunter Gezeitenschweife oder andere morphologische Verzerrungen. Die dramatischsten Kollisionen lassen die Galaxien hell aufleuchten, insbesondere im Infrarotbereich, und einige von ihnen gehören zu den hellsten Objekten am Himmel. Aufgrund ihrer Leuchtkraft können sie über kosmologische Distanzen hinweg untersucht werden, was Astronomen hilft, die Aktivität im jungen Universum zu rekonstruieren.

Für die erhöhte Strahlung sind besonders zwei Prozesse verantwortlich: Phasen intensiver Sternentstehungsprozesse oder das Nähren des supermassiven Schwarzen Lochs im Kern einer Galaxie (ein sogenannter aktiver galaktischer Kern, engl. active galactic nucleus, AGN). Obwohl diese beiden Prozesse im Grunde genommen recht verschieden sind und schnell unterscheidbar sein sollten, können die unterscheidbaren Merkmale in der Praxis beispielsweise schwach ausgeprägt sein oder durch Staub in den Galaxien verdeckt werden. Zu den unterscheidbaren Eigenschaften gehört etwa, dass aktive galaktische Kerne viel energiereichere Ultraviolett- und Röntgenstrahlung produzieren.

Astronomen nutzen daher oft die Form des gesamten Emissionsprofils einer Galaxie, vom Ultraviolettbereich bis zum ferninfraroten Bereich (ihre spektrale Energieverteilung), um herauszufinden, was dort passiert. Der Staub, der einen Großteil der Strahlung absorbiert, emittiert sie erneut in längeren Infrarotwellenlängen, und Computerprogramme können die zahlreichen physikalischen Effekte modellieren und entschlüsseln.

Wenn Phasen intensiver Sternentstehungsprozesse für das Aufleuchten heller Galaxien im jungen Universum verantwortlich waren, dann könnten viele der heutigen Sterne bei solchen Ereignissen entstanden sein. Aber wenn aktive galaktische Kerne dominierten, dann sollte es mehr ausströmende Jets und weniger neue Sterne geben.

Die Astronomen Jeremy Dietrich, Aaron S. Weiner, Matt Ashby, Rafael Martínez-Galarza, Andrés Ramos-Padilla, Howard Smith, Steve Willner, Andreas Zezas vom Harvard-Smithsonian Center for Astrophysics (CfA) und zwei Kollegen analysierten 24 relativ nahe, helle, verschmelzende Galaxien, um zu sehen, wie oft und in welchem Ausmaß die Aktivität von aktiven galaktischen Kernen dahintersteckte.

Sie entnahmen die sorgfältigsten Informationen zur spektralen Energieverteilung dieser Galaxien anhand Beobachtungen in 33 Spektralbändern von sieben NASA-Missionen und korrigierten sie bezüglich des Hintergrundes, Störungen und anderer äußerer Signale. Dann verwendeten sie einen neuen Programmcode, um die Form der spektralen Energieverteilung einzupassen und den wahrscheinlichsten Wert für die Verteilung der aktiven galaktischen Kerne abzuleiten, ebenso wie die Sternentstehungsrate, die Eigenschaften des Staubs und zahlreiche andere physikalische Parameter. Die Forscher überprüften die Verlässlichkeit des Codes, indem sie ihn auf Simulationen von galaktischen Verschmelzungen anwandten und eine ausgezeichnete Übereinstimmung sahen.

Die Astronomen stellten fest, dass der Beitrag der aktiven galaktischen Kerne in ihrer Galaxien-Strichprobe bis zu 90 Prozent der Gesamtleuchtkraft erreichte. In anderen Fällen fiel er unter 20 Prozent und ist möglicherweise vernachlässigbar. Die Forscher arbeiten daran, die Größenklasse des Beitrags der aktiven galaktischen Kerne mit dem Verschmelzungsstadium dieser Systeme in Zusammenhang zu bringen, aber ihre kleine Strichprobengröße begrenzt die Gültigkeit allgemeiner Schlussfolgerungen. Sie weiten ihre Analyse auf mehrere hundert andere Verschmelzungen aus, um die Aussagekraft zu stärken.

Abhandlung: “The AGN Luminosity Fraction in Merging Galaxies” von Jeremy Dietrich, Aaron S. Weiner, Matthew L.N. Ashby, Christopher C. Hayward, Juan Rafael Martínez-Galarza, Andrés F. Ramos Padilla, Lee Rosenthal, Howard A. Smith, S.P. Willner, Andreas Zezas, MNRAS 2018 (in press).

Quelle

(THK)

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