Fermi identifiziert erstmals die Quelle eines kosmischen Neutrinos

Künstlerische Darstellung eines supermassiven Schwarzen Lochs in einer fernen Galaxie – der Ursprungsort des kürzlich registrierten Neutrinos. (Credits: NASA’s Goddard Space Flight Center)
Künstlerische Darstellung eines supermassiven Schwarzen Lochs in einer fernen Galaxie – der Ursprungsort des kürzlich registrierten Neutrinos. (Credits: NASA’s Goddard Space Flight Center)

Mit dem Fermi Gamma-ray Space Telescope der NASA haben Wissenschaftler erstmals die Quelle eines hochenergetischen Neutrinos von außerhalb unserer Galaxie gefunden. Dieses Neutrino reiste 3,7 Milliarden Jahre mit fast Lichtgeschwindigkeit, bevor es auf der Erde registriert wurde. Das ist weiter entfernt als der Ursprung jedes anderen Neutrinos, der von Wissenschaftlern identifiziert werden kann.

Hochenergetische Neutrinos sind schwer nachweisbare Teilchen, von denen man annimmt, dass sie von den gewaltigsten Ereignissen im Universum erzeugt werden. Dazu gehören beispielsweise Verschmelzungen von Galaxien und Materie, die in supermassive Schwarze Löcher stürzt. Sie reisen mit Geschwindigkeiten knapp unterhalb der Lichtgeschwindigkeit und wechselwirken nur selten mit anderer Materie. Auf diese Weise können sie ungehindert große Entfernungen von Milliarden Lichtjahren zurücklegen.

Das Neutrino wurde von einem internationalen Forschungsteam am IceCube Neutrino Observatory der National Science Foundation auf der Amundsen-Scott-Südpolstation entdeckt. Fermi fand die Quelle des Neutrinos, indem es seine Bahn bis zu einem Gammastrahlenausbruch eines fernen supermassiven Schwarzen Lochs im Sternbild Orion zurückverfolgte.

“Wieder einmal hat Fermi geholfen, einen weiteren großen Schritt auf einem wachsenden Gebiet zu machen, das wir Multimessenger-Astronomie nennen”, sagte Paul Hertz, Direktor der Astrophysics Division am NASA-Hauptquartier in Washington. “Neutrinos und Gravitationswellen liefern neue Informationsarten über die extremsten Umgebungen im Universum. Aber um am besten zu verstehen, was sie uns verraten, müssen wir sie mit dem ‘Botschafter’ verbinden, den Astronomen am besten kennen: Licht.”

Wissenschaftler untersuchen Neutrinos, kosmische Strahlen und Gammastrahlung, um zu verstehen, was in turbulenten kosmischen Umgebungen wie Supernovae, Schwarzen Löchern und Sternen passiert. Neutrinos zeigen die komplexen Prozesse, die innerhalb der Umgebungen stattfinden, und kosmische Strahlen demonstrieren die Kraft und Geschwindigkeit der gewaltigen Aktivität. Aber Forscher stützen sich auf Gammastrahlung (die energiereichste Form von Licht) um festzustellen, welche kosmische Quelle diese Neutrinos und kosmischen Strahlen produziert.

“Die extremsten kosmischen Explosionen erzeugen Gravitationswellen, und die extremsten kosmischen Beschleuniger produzieren hochenergetische Neutrinos und kosmische Strahlen”, sagte Regina Caputo vom Goddard Space Flight Center der NASA in Greenbelt (Maryland). Caputo ist die Analysekoordinatorin der Fermi Large Area Telescope Collaboration. “Mit Fermi schlagen Gammastrahlen eine Brücke zu jedem dieser neuen kosmischen Signale.”

Das Weltraumteleskop Fermi (oben) hat ein massereiches Schwarzes Loch in einer fernen Galaxie als die Quelle eines hochenergetischen Neutrinos identifiziert, das von den Sensoren des IceCube Observatory (unten) am Südpol registriert wurde. (Credits: NASA / Fermi and Aurore Simonnet, Sonoma State University)
Das Weltraumteleskop Fermi (oben) hat ein massereiches Schwarzes Loch in einer fernen Galaxie als die Quelle eines hochenergetischen Neutrinos identifiziert, das von den Sensoren des IceCube Observatory (unten) am Südpol registriert wurde. (Credits: NASA / Fermi and Aurore Simonnet, Sonoma State University)

Die Entdeckung ist Gegenstand zweier Abhandlungen, die am Donnerstag (12. Juli 2018) im Journal Science veröffentlicht wurden. Die Abhandlung über die Identifizierung der Quelle umfasst auch wichtige Nachfolgebeobachtungen der Major Atmospheric Gamma Imaging Cherenkov Telescopes und zusätzliche Daten des Swift-Observatoriums und vieler anderer Einrichtungen.

Am 22. September 2017 registrierten Wissenschaftler mit dem IceCube-Detektor Anzeichen für ein Neutrino, das das antarktische Eis mit einer Energie von etwa 300 Billionen Elektronenvolt traf. Das ist mehr als das 45-fache der Energie, die mit den stärksten Teilchenbeschleunigern auf der Erde erreichbar ist. Diese hohe Energie weist deutlich darauf hin, dass das Neutrino von außerhalb unseres Sonnensystems stammen musste. Die Rückverfolgung der Bahn durch den IceCube-Detektor zeigte an, aus welcher Region am Himmel das Neutrino kam. Ein automatisierter Alarm informierte Astronomen auf der ganzen Welt darüber, die diese Region nach Ausbrüchen absuchten, welche mit dem Ereignis zusammenhängen könnten.

Daten von Fermis Large Area Telescope (LAT) offenbarten erhöhte Gammaemissionen aus einer gut bekannten aktiven Galaxie zu dem Zeitpunkt, als das Neutrino eintraf. Bei der aktiven Galaxie handelt es sich um einen sogenannten Blazar – ein supermassives Schwarzes Loch mit Millionen oder Milliarden Sonnenmassen, das Teilchenjets mit annähernd Lichtgeschwindigkeit in entgegengesetzte Richtungen abstößt. Blazare leuchten besonders hell und aktiv, weil einer dieser Jets zufällig fast direkt in Richtung Erde zeigt.

Das Fermi-Teammitglied Yasuyuki Tanaka von der Hiroshima University in Japan war der erste, der das Neutrino-Ereignis mit dem Blazar TXS 0506+056 (kurz TXS 0506) in Zusammenhang brachte.

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Video-Link: https://www.youtube.com/watch?v=pCA47Fo5Yvk

Oben: Die von Fermi registrierten Gammastrahlen des Blazars TXS 0506+056 sind hier als expandierende Kreise dargestellt. Ihre maximale Größe und Farbe (von weiß = gering bis magenta = hoch) repräsentieren die Energie jedes Strahls. Die erste Sequenz zeigt die typische Emission, die zweite zeigt den Ausbruch vom September 2017, der zum Nachweis des Neutrinos führte. (Credits: NASA / DOE / Fermi LAT Collab., Matt Russo and Andrew Santaguida / SYSTEM Sounds)

“Fermis LAT beobachtet den gesamten Himmel im Gammabereich und überwacht die Aktivität von rund 2.000 Blazaren, und trotzdem stach TXS 0506 heraus”, sagte Sara Buson, eine Postdoktorandin der NASA am Goddard Space Flight Center. Sie führte die Datenanalyse zusammen mit Anna Franckowiak vom Deutschen Elektronensynchrotron in Zeuthen (Deutschland) durch. “Dieser Blazar befindet sich nahe des Zentrums der von IceCube bestimmten Himmelsregion und war zum Zeitpunkt der Neutrino-Beobachtung der aktivste, den Fermi seit einem Jahrzehnt beobachtet hatte.”

Das Fermi Gamma-ray Space Telescope der NASA in eine Partnerschaft von Astrophysik und Teilchenphysik, entwickelt in Zusammenarbeit mit dem US-Energieministerium und mit wichtigen Beiträgen von akademischen Institutionen und Partnern in Frankreich, Deutschland, Italien, Japan, Schweden und den Vereinigten Staaten. Das NASA Postdoctoral Fellow Program wird im Rahmen eines Vertrags mit der NASA von der Universities Space Research Association geleitet.

Quelle

(THK)

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