Die Parker Solar Probe – Ziele und Technik der Mission

Die Parker Solar Probe wird die Korona der Sonne erforschen, die von der Erde aus nur während einer totalen Sonnenfinsternis beobachtet werden kann. Dieses Bild einer totalen Sonnenfinsternis entstand am 21. August 2017. (Credits: NASA / Gopalswamy)
Die Parker Solar Probe wird die Korona der Sonne erforschen, die von der Erde aus nur während einer totalen Sonnenfinsternis beobachtet werden kann. Dieses Bild einer totalen Sonnenfinsternis entstand am 21. August 2017. (Credits: NASA / Gopalswamy)

Früh morgens an einem Tag im August wird der Himmel bei Cape Canaveral in Florida durch den Start der Parker Solar Probe aufleuchten. Frühestens am 6. August 2018 wird eine Delta-IV-Heavy-Rakete der United Launch Alliance in den Weltraum donnern und die Raumsonde von der Größe eines Autos tragen, die die Sonne aus geringerer Entfernung untersuchen wird als jedes von Menschen gebaute Objekt vor ihr.

Am 20. Juli 2018 stellten Nicky Fox und Alex Young anlässlich einer Pressekonferenz am Kennedy Space Center der NASA in Cape Canaveral (Florida) die wissenschaftlichen Ziele und die dahinter stehende Technologie vor. Fox ist Projektwissenschaftlerin für die Parker Solar Probe am Applied Physics Laboratory (APL) der Johns Hopkins University in Laurel (Maryland). Young ist der stellvertretende wissenschaftliche Direktor der Heliophysics Science Division am Goddard Space Flight Center der NASA in Greenbelt (Maryland).

“Wir untersuchen die Sonne seit Jahrzehnten, und jetzt gehen wir endlich dahin, wo die Action ist”, sagte Young.

Unsere Sonne ist viel komplexer als das Auge erkennen kann. Anstelle der unveränderlichen Scheibe, wie sie für das menschliche Auge erscheint, ist die Sonne ein dynamischer und magnetisch aktiver Stern. Aus der Sonnenatmosphäre strömt kontinuierlich magnetisierte Materie nach außen, wo sie unser Sonnensystem weit jenseits der Umlaufbahn Plutos einhüllt und jede Welt auf dem Weg dorthin beeinflusst. Magnetische Energie kann mit Licht und Teilchenstrahlung ausbrechen, die den Weltraum durchquert und zeitweise Störungen in unserer Atmosphäre erzeugt, wobei sie manchmal Radio- und Kommunikationssignale in der Nähe der Erde beeinträchtigt. Der Einfluss der solaren Aktivität auf die Erde und andere Welten wird gemeinhin als Weltraumwetter bezeichnet. Der Schlüssel, um dessen Ursprünge zu verstehen, liegt darin, die Sonne selbst zu verstehen.

“Die Energie der Sonne fließt immer an unserer Welt vorbei”, sagte Fox. “Und auch wenn der Sonnenwind unsichtbar ist, können wir sehen, wie er an den Polen Polarlichter erzeugt. Polarlichter sind schön, aber sie demonstrieren die enormen Energie- und Teilchenmengen, die in unsere Atmosphäre strömen. Wir wissen nicht viel über die Mechanismen, die den Wind in unsere Richtung lenken, und das ist es, was wir herausfinden wollen.”

Hier kommt die Parker Solar Probe ins Spiel. Die Raumsonde trägt eine Reihe an Instrumenten, um die Sonne aus der Entfernung und direkt vor Ort zu untersuchen. Zusammen sollten die Daten dieser modernen Instrumente Wissenschaftlern helfen, drei grundlegende Fragen über unseren Stern zu beantworten.

Eine der Fragen ist das Rätsel um die Beschleunigung des Sonnenwindes, dem konstanten Materiestrom, der von der Sonne ausgeht. Obwohl wir die Ursprünge des Sonnenwindes weitestgehend zurückverfolgen können, wissen wir, dass es dort einen (noch unbeobachteten) Punkt gibt, wo der Sonnenwind auf Überschallgeschwindigkeiten beschleunigt wird. Die Daten zeigen, dass diese Veränderungen in der Korona ablaufen, einer Region der Sonnenatmosphäre, die die Parker Solar Probe direkt durchqueren wird. Wissenschaftler planen, die aus der Entfernung gemachten Messungen und die vor Ort durchgeführten Messungen der Parker Solar Probe zu nutzen, um Licht darauf zu werfen, wie das geschieht.

Zweitens hoffen die Wissenschaftler, etwas über das Geheimnis der enorm hohen Temperaturen in der Korona zu erfahren. Die sichtbare Sonnenoberfläche ist etwa 5.500 Grad Celsius heiß – aber aus Gründen, die wir nicht vollkommen verstehen, ist die Korona hunderte Male heißer und erreicht bis zu mehrere Millionen Grad Celsius. Das widerspricht der Intuition, weil die Energie der Sonne in ihrem Kern produziert wird. “Es ist ungefähr so, als würde einem plötzlich viel heißer werden, wenn man sich von einem Lagerfeuer entfernte”, sagte Fox.

Und schließlich sollten die Instrumente der Parker Solar Probe den Mechanismus offenbaren, der hinter der Beschleunigung hochenergetischer Sonnenteilchen am Werk ist. Diese Teilchen können mehr als die halbe Lichtgeschwindigkeit erreichen, wenn sie von der Sonne wegströmen. Solche Teilchen können mit der Elektronik von Satelliten wechselwirken, insbesondere von Satelliten außerhalb des Erdmagnetfeldes.

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Video-Link: https://youtu.be/i_z19KPvV1w


Um diese Fragen zu beantworten, nutzt die Parker Solar Probe vier Instrumente.

Das FIELDS-Instrument, geleitet von der University of California in Berkeley, misst die elektrischen und magnetischen Felder in der Umgebung der Raumsonde. Es registriert Wellen und Turbulenzen in der inneren Heliosphäre mit hoher zeitlicher Auflösung, um die mit den Wellen, Schockwellen und der magnetischen Rekonnexion einhergehenden Felder zu verstehen. Bei der magnetischen Rekonnexion richten sich die Magnetfeldlinien auf explosive Weise neu aus.

Das WISPR-Instrument, Kurzform für Wide-Field Imager for Parker Solar Probe, ist das einzige Kamerainstrument an Bord der Raumsonde. WISPR macht Bilder von Strukturen wie koronalen Massenauswürfen, Jets oder anderen Materieausbrüchen von der Sonne, um die Forscher dabei zu unterstützen, Zusammenhänge zwischen der großräumigen koronalen Struktur und den detaillierten Messungen herzustellen, die direkt in der Nähe der Sonne gemacht wurden. WISPR wird vom Naval Research Laboratory in Washington, D.C. betrieben.

Ein weiteres Instrument namens SWEAP (Solar Wind Elektrons Alphas and Protons Investigation) verwendet zwei ergänzende Geräte, um Daten zu sammeln. Das SWEAP-Instrument zählt die häufigsten Teilchen im Sonnenwind – Elektronen, Protonen und Heliumionen – und misst Eigenschaften wie die Geschwindigkeit, Dichte und Temperatur, um unser Wissen über den Sonnenwind und das koronale Plasma zu verbessern. SWEAP wird von der University of Michigan, der University of California in Berkeley und dem Smithsonian Astrophysical Observatory in Cambridge (Massachusetts) betrieben.

Abschließend gibt es noch das ISʘIS-Instrument – die Kurzform für Integrated Science Investigation of the Sun (mit ʘ als Symbol für die Sonne in seinem Akronym). Das Instrument wird die Teilchen in einem breiten Energiespektrum messen. Durch die Messung von Elektronen, Protonen und Ionen wird ISʘIS den Lebenszyklus der Teilchen nachvollziehen: woher sie kommen, wie sie beschleunigt werden und wie sie sich von der Sonne durch den interplanetaren Weltraum entfernen. Das ISʘIS-Instrument wird von der Princeton University in New Jersey betrieben.

Die Parker Solar Probe ist eine Mission, die seit rund 60 Jahren geplant wird. Mit dem Beginn des Raumfahrtzeitalters erkannte die Menschheit das volle Ausmaß der Herrschaft der Sonne über das Sonnensystem. Im Jahr 1958 veröffentlichte der Physiker Eugene Parker eine bahnbrechende wissenschaftliche Abhandlung, in der er die Existenz des Sonnenwinds vermutete. Die Mission ist jetzt nach ihm benannt und es ist die erste NASA-Mission, die nach einer lebenden Person benannt wird.

Erst in den letzten Jahrzehnten ist die Technologie weit genug vorangeschritten, um die Parker Solar Probe real werden zu lassen. Der Schlüssel zu der gewagten Reise der Raumsonde sind drei wichtige Durchbrüche: Der moderne Hitzeschild, das Solar Array Cooling System und das fortschrittliche Fehlermanagementsystem.

“Das Thermal Protection System (der Hitzeschild) ist eine der Technologien, die die Mission der Raumsonde möglich machen”, sagte Andy Driesman, Projektmanager der Parker Solar Probe am Applied Physics Laboratory der Johns Hopkins University. “Es erlaubt der Raumsonde, ungefähr bei Raumtemperatur zu operieren.”

Andere entscheidende Innovationen sind das Solar Array Cooling System, um Strom unter der intensiven Hitzeeinwirkung von der Sonne zu erzeugen, sowie das Fehlermanagementsystem, das die Raumsonde während der langen Zeitperioden schützt, wenn die Raumsonde nicht mit der Erde kommunizieren kann.

Mit Daten von sieben Sonnensensoren, die an den Rändern des von dem Hitzeschild geworfenen Schattens platziert sind, schützt das Fehlermanagementsystem der Parker Solar Probe die Raumsonde während der langen Zeitperioden, in denen sie keinen Kontakt zur Erde hat. Wenn es ein Problem registriert, wird die Parker Solar Probe selbständig ihren Kurs korrigieren und sicherstellen, dass ihre wissenschaftlichen Instrumente kühl bleiben und in diesen langen Zeitperioden weiterhin funktionieren.

Der Hitzeschild der Parker Solar Probe, das sogenannte Thermal Protection System (TPS), besteht aus einem Kohlenstoff-Kohlenstoff-Komposit, das einen fast 11,5 Zentimeter dicken Kohlenstoffschaum umgibt, welcher aus 97 Prozent Luft besteht. Obwohl der Hitzeschild knapp 2,5 Meter Durchmesser hat, fügt es der Gesamtmasse der Parker Solar Probe aufgrund leichter Materialien nur etwa 72 Kilogramm hinzu.

Wenngleich die Delta-IV-Heavy-Rakete eine der stärksten Raketen auf der Welt ist, ist die Parker Solar Probe relativ klein und nur ungefähr so groß wie ein kleines Auto. Aber was die Raumsonde braucht, ist Energie: Zur Sonne zu fliegen benötigt große Mengen Energie beim Start, um die Umlaufbahn um die Sonne zu erreichen. Das liegt daran, dass jedes von der Erde aus gestartete Objekt die Sonne mit der gleichen Geschwindigkeit wie die Erde umkreist: circa 29,8 Kilometer pro Sekunde. Daher muss ein Objekt unglaublich schnell sein, um dieser Kraft entgegenzuwirken, die Richtung zu ändern und in Sonnennähe zu gelangen.

Die Parker Solar Probe in einem Reinraum bei Astrotech Space Operations in Titusville (Florida) nach der Installation des Hitzeschildes. (Credit: NASA / Johns Hopkins APL / Ed Whitman)
Die Parker Solar Probe in einem Reinraum bei Astrotech Space Operations in Titusville (Florida) nach der Installation des Hitzeschildes. (Credit: NASA / Johns Hopkins APL / Ed Whitman)

Das Zeitfenster für den Start der Parker Solar Probe (zwischen 04:00 und 06:00 Uhr Eastern Daylight Time innerhalb einer zweiwöchigen Zeitspanne) wurde sehr genau ausgewählt, um die Raumsonde in Richtung ihres ersten Ziels zum Erreichen einer solchen Umlaufbahn zu schicken: der Venus.

“Die Startenergie, um die Sonne zu erreichen, ist 55 Mal höher als die für den Flug zum Mars benötigte Energie, und doppelt so hoch wie die Energie, die man für den Flug zum Pluto braucht”, sagte Yanping Guo vom Applied Physics Laboratory, die den Bahnverlauf der Raumsonde entwarf. “Im Sommer sind die Erde und die anderen Planeten in unserem Sonnensystem in der günstigsten Stellung, um uns zu ermöglichen, nahe an die Sonne zu gelangen.”

Die Raumsonde wird ein Swing-By-Manöver um die Venus durchführen und Bahnenergie an sie abgeben, so dass sie bereits bei ihrem ersten Vorbeiflug in eine Umlaufbahn getragen wird, die näher an der Sonnenoberfläche liegt als irgendeine Raumsonde vor ihr erreicht hat – weit innerhalb der Korona. Die Parker Solar Probe wird während ihrer sieben Jahre dauernden Mission sechs weitere, ähnliche Manöver durchführen, welche die Raumsonde in ihre endgültigen Umlaufbahnen bringen werden. Diese letzten Umlaufbahnen sind nur etwas mehr als sechs Millionen Kilometer von der Photosphäre entfernt.

“Durch die Untersuchung unseres Sterns können wir nicht nur mehr über die Sonne erfahren”, sagte Thomas Zurbuchen, der Associate Administrator des Science Mission Directorate am NASA-Hauptquartier. “Wir können auch mehr über all die anderen Sterne in unserer Galaxie erfahren, sowie über das Universum und die Anfänge des Lebens.”

Die Parker Solar Probe ist Teil des NASA Living with a Star Program, in dessen Rahmen Aspekte des Sonne-Erde-Systems erforscht werden, welche sich direkt auf das Leben und die Gesellschaft auswirken. Das Living with a Star Program wird vom Goddard Space Flight Center der NASA in Greenbelt (Maryland) für die Heliophysics Division des Science Mission Directorate in Washington betrieben. Das Applied Physics Laboratory der Johns Hopkins University leitet die Parker Solar Probe Mission für die NASA. Das APL entwarf und konstruierte die Raumsonde und wird sie auch betreiben.

Quelle

(THK)

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