Neue Studie über die extremen Materiejets von aktiven Galaxien

Künstlerische Darstellung eines Blazars. (Credits: NASA; M. Weiss / CfA)
Künstlerische Darstellung eines Blazars. (Credits: NASA; M. Weiss / CfA)

Ein aktiver galaktischer Kern enthält ein supermassives Schwarzes Loch, das gierig Materie ansammelt. Typischerweise stößt es Teilchenjets aus, die sich mit annähernd Lichtgeschwindigkeit bewegen und in vielen Wellenlängen strahlen, insbesondere im Röntgenbereich. Die Prozesse gehören zu den energiereichsten Phänomenen im Universum. Die Jets sind oft hochgradig gebündelt und erstrecken sich bis weit jenseits ihrer Heimatgalaxie. Wenn sie zufällig genau in unsere Richtung zeigen, bilden sie den spektakulärsten Typ dieses Phänomens: einen Blazar.

Vor wenigen Jahren bemerkten Astronomen, dass manche Blazartypen Materiejets aufweisen, deren Energien die durch den Akkretionsprozess gelieferte Energie zu übersteigen schienen. Um den Unterschied zu erklären, wurden zwei Theorien entwickelt: Die Jets ziehen auch zusätzliche Energie aus der Rotation des Schwarzen Lochs oder aus dem Magnetfeld um das Objekt. Wie jeder Prozess abläuft (und ob er überhaupt stattfindet), wird heiß diskutiert. Aber eine populäre Sichtweise besagt, dass die Prozesse irgendwie mit der Masse des supermassiven Schwarzen Lochs zusammenhängen, wobei die massereichsten Exemplare (jene mit mehr als 100 Millionen Sonnenmassen) die anomalsten Fälle darstellen.

Kürzlich registrierte das Weltraumteleskop Fermi Gammastrahlen (noch energiereichere Photonen als Röntgenstrahlen) von den Jets in einem Galaxientyp, der als Seyfert-Galaxie bezeichnet wird. Dabei handelt es sich um Spiralgalaxien mit relativ kleinen supermassiven Schwarzen Löchern, die Massen von rund zehn Millionen Sonnenmassen aufweisen. Astronomen spekulieren, dass diese relativ massearmen und dennoch starken Strahlungsquellen Hinweise darauf geben könnten, wie man die verschiedenen Quellen der Jetenergien einordnen kann.

Der Astronom Mislav Balokovic vom Harvard-Smithsonian Center for Astrophysics (CfA) und seine Kollegen komplettierten eine Studie der hellen, blazarähnlichen Seyfert-Galaxie PKSJ 1222+0413 in verschiedenen Wellenlängen. Dazu zählten Daten vom Gammabereich bis in den Radiowellenbereich, sowohl Archivdaten als auch neue Beobachtungen, darunter neue Ergebnisse des Weltraumteleskops NuSTAR. Die Forscher erstellten eine komplette Simulation dieser Quelle – der fernsten Quelle dieser Art, die uns bekannt ist. Ihr Licht brauchte rund acht Milliarden Jahre, um uns zu erreichen.

Sie registrierten die ausgeprägte Signatur einer Akkretionsscheibe und schätzten die Masse des supermassiven Schwarzen Lochs anhand der Breite und Stärke der Emissionslinien auf etwa 200 Millionen Sonnenmassen. Das ist etwa zehnmal mehr als bei anderen Seyfert-Galaxien dieses Typs. Die Leuchtkraft des Jets ist nur rund halb so groß wie Leuchtkraft der Akkretionsscheibe. Das steht im Gegensatz zu Galaxien, deren Jetenergie die Akkretionsenergie übersteigt. Aber das Objekt fällt trotzdem klar in den Übergangsbereich der Jetenergien, was zukünftige Studien ermöglicht, um die Ursprünge der Jetenergie in Seyfert-Galaxien und Blazaren genauer zu untersuchen.

Abhandlung: “The Relativistic Jet of the γ-ray Emitting Narrow-Line Seyfert 1 Galaxy PKS J1222+0413” von Daniel Kynoch, Hermine Landt, Martin J. Ward, Chris Done, Catherine Boisson, Mislav Balokovic, Emmanouil Angelakis und Ioannis Myserlis, MNRAS 487, 181, 2019.

Quelle

(THK)

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