Ein neues Modell zur Simulation der Entstehung von Galaxien

Die Milchstraßen-Galaxie als Computersimulation. (Credits: Kannan et al. 2020)
Die Milchstraßen-Galaxie als Computersimulation. (Credits: Kannan et al. 2020)

Die Entstehung und Entwicklung von Galaxien zu verstehen, ist schwierig, weil neben der Gravitation so viele verschiedene andere physikalischen Prozesse daran beteiligt sind. Dazu zählen Prozesse, die mit der Sternentstehung und stellaren Strahlung einhergehen, sowie mit der Abkühlung des Gases im interstellaren Medium, Feedback von Materie verschlingenden Schwarzen Löchern, Magnetfeldern, kosmischen Strahlen und mehr.

Astronomen haben Computersimulationen der Galaxienbildung verwendet, um die Wechselwirkungen dieser Prozesse zu verstehen und Fragen anzugehen, die durch Beobachtungen nicht beantwortet werden können – beispielsweise die Frage, wie die ersten Galaxien im Universum entstanden.

Simulationen der Galaxienentstehung erfordern die in sich konsistente Modellierung all dieser verschiedenen Mechanismen auf einmal, aber ein wichtiges Problem ist, dass jeder von ihnen auf einem anderen räumlichen Maßstab operiert. Das macht es fast unmöglich, sie alle gleichzeitig und exakt zu simulieren. Der Gasstrom aus dem intergalaktischen Medium in eine Galaxie erstreckt sich zum Beispiel über Millionen Lichtjahre. Die Sternwinde üben über hunderte Lichtjahre Einfluss aus, und das Feedback von Schwarzen Löchern aus ihren Akkretionsscheiben tritt über Skalen von Tausendsteln eines Lichtjahrs auf.

Die Astronomen Rahul Kannan und Lars Hernquist vom Harvard-Smithsonian Center for Astrophysics (CfA) haben zusammen mit ihren Kollegen ein neues Simulationsrahmenwerk entwickelt, dass all diese Effekte in sich konsistent einschließt. Die Berechnungen nutzen ein neues Rahmenwerk zu stellarem Feedback, was als Stars and Multiphase Gas in Galaxies (SMUGGLE) bezeichnet wird. Es integriert die Prozesse, die an Strahlung, Staub und molekularem Wasserstoffgas (dem dominanten Bestandteil des interstellaren Mediums) beteiligt sind und umfasst auch thermische und chemische Modellierungen. Das SMUGGLE-Feedback wird in den beliebten AREPO-Hydrodynamik-Code eingebunden, der die Entwicklung von Strukturen simuliert und der ein Zusatzmodul zur Implementierung von Strahlungseffekten besitzt.

Die Astronomen verwendeten eine Simulation der Milchstraßen-Galaxie zur Überprüfung ihrer Ergebnisse und berichten eine sehr gute Übereinstimmung mit den Beobachtungen. Sie stellten fest, dass die Feedback-Effekte der Strahlung auf die Sternentstehungsraten zumindest im Milchstraßen-Beispiel recht schlicht sind: Hier bilden sich Sterne mit einer Rate von nur 2-3 Sonnenmassen pro Jahr. Andererseits fanden sie heraus, dass die Strahlung der Sterne die Struktur und Aufheizung des interstellaren Mediums dramatisch verändert, indem sie die Verteilung der heißen, warmen und kühlen Materie beeinflusst, was von der simplen Erwartung abweicht.

Der Code funktioniert gut bei der Simulation der Staubtemperaturverteilung, bei der warmer Staub erwartungsgemäß in der Nähe der Sternentstehungsregionen liegt, aber der kalte Staub (bis zu 10 Kelvin) weiter entfernt liegt. Der Erfolg dieser neuen Simulationen motiviert die Autoren, ihre Arbeit auf Simulationen mit noch feinerer räumlicher Auflösung auszuweiten.

Abhandlung: “Simulating the Interstellar Medium of Galaxies with Radiative Transfer, Non-equilibrium Thermochemistry, and Dust” von Rahul Kannan, Federico Marinacci, Mark Vogelsberger, Laura V. Sales, Paul Torrey, Volker Springel und Lars Hernquist, Monthly Notices of the Royal Astronomical Society 499, 5732, 2020.

Quelle

(THK)

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