Astronomen finden einen Exoplaneten-Kandidaten in der Galaxie M51

Illustration des Doppelsternsystems M51-ULS-1 mit einem potenziellen Exoplaneten-Kandidaten. (Credits: NASA / CXC / M. Weiss)
Illustration des Doppelsternsystems M51-ULS-1 mit einem potenziellen Exoplaneten-Kandidaten. (Credits: NASA / CXC / M. Weiss)

Erstmals könnten Hinweise dafür gefunden worden sein, dass ein Planet vor einem Stern jenseits der Milchstraßen-Galaxie vorbeizieht. Das erstaunliche Ergebnis, für das man das Weltraumteleskop Chandra nutzte, öffnet ein neues Fenster zur Suche nach Exoplaneten in größeren Entfernungen als jemals zuvor. Der mögliche Exoplaneten-Kandidat liegt in der Spiralgalaxie Messier 51 (M51), die aufgrund ihres Aussehens auch als Whirlpool-Galaxie bezeichnet wird.

Exoplaneten sind als Planeten außerhalb unseres Sonnensystems definiert. Bis jetzt haben Astronomen alle anderen bekannten Exoplaneten und Exoplaneten-Kandidaten innerhalb der Milchstraßen-Galaxie gefunden, wobei fast alle davon weniger als 3.000 Lichtjahre von der Erde entfernt sind. Ein Exoplanet in der Galaxie M51 wäre etwa 28 Millionen Lichtjahre entfernt, was bedeuten würde, dass er tausende Male weiter entfernt ist als jene in der Milchstraßen-Galaxie.

“Wir versuchen eine ganz neue Arena für das Aufspüren anderer Welten zu erschließen, indem wir in Röntgenwellenlängen nach Exoplaneten-Kandidaten suchen. Das ist eine Strategie, die es möglich macht, sie in anderen Galaxien zu entdecken”, sagte Rosanne Di Stefano vom Harvard-Smithsonian Center for Astrophysics (CfA) in Cambridge (Massachusetts). Di Stefano leitete die Studie, die am 25. Oktober 2021 im Journal Nature Astronomy veröffentlicht wurde.

Dieses neue Ergebnis basiert auf Transit-Ereignissen, bei denen ein Planet vor seinem Stern vorbeizieht und einen Teil des Sternlichts blockiert und einen charakteristischen Helligkeitsabfall verursacht. Astronomen haben mit bodenbasierten und weltraumbasierten Teleskopen (wie den NASA-Missionen TESS und Kepler) nach Helligkeitsabfällen in optischen Wellenlängen gesucht, was die Entdeckung tausender Exoplaneten ermöglichte.

Schematische Darstellung des Systems M51-ULS-1 mit der möglichen Umlaufbahn des Exoplaneten-Kandidaten. (Credits: NASA / CXC / M. Weiss)
Schematische Darstellung des Systems M51-ULS-1 mit der möglichen Umlaufbahn des Exoplaneten-Kandidaten. (Credits: NASA / CXC / M. Weiss)

Di Stefano und ihre Kollegen suchten stattdessen nach Helligkeitsabfällen im Bereich der Röntgenstrahlung, die von röntgenhellen Doppelsternen registriert wurde. Diese hellen Systeme bestehen typischerweise aus einem massereichen Objekt (einem Neutronenstern oder einem Schwarzen Loch), das Gas von einem nahen Begleitstern abzieht. Die Materie nahe des Neutronensterns oder des Schwarzen Lochs wird superheiß und leuchtet im Röntgenbereich.

Weil die Region, die die Röntgenstrahlung produziert, klein ist, könnte ein Planet, der vor ihr vorbeizieht, die Röntgenstrahlung größtenteils oder komplett blockieren. Dadurch wäre der Transit leichter zu entdecken, weil die Röntgenstrahlung komplett verschwinden kann. Auf diese Weise könnten Exoplaneten in viel größeren Distanzen entdeckt werden, als durch aktuelle Transit-Beobachtungen im optischen Bereich. Letztere müssen in der Lage sein, winzige Helligkeitsabfälle zu registrieren, weil der Planet nur einen kleinen Bruchteil des Sterns verdeckt.

Das Team nutzte diese Methode, um den Exoplaneten-Kandidaten in einem Doppelsternsystem namens M51-ULS-1 zu registrieren. Dieses Doppelsternsystem enthält ein Schwarzes Loch oder Neutronenstern und einen Begleitstern mit etwa 20 Sonnenmassen. Der mittels Chandra-Daten gefundene Röntgentransit dauerte etwa drei Stunden – in der Zeitspanne fiel die Röntgenemission auf Null ab. Basierend auf dieser und anderen Informationen schätzen die Forscher, dass der Exoplaneten-Kandidat in M51-ULS-1 etwa die Größe des Saturn haben würde und den Neutronenstern beziehungsweise das Schwarze Loch in einer Entfernung umkreist, die der doppelten Distanz der Saturnbahn von der Sonne entspricht.

Obwohl dies eine verlockende Studie ist, werden weitere Daten benötigt, um die Interpretation als extragalaktischer Exoplanet zu verifizieren. Eine Herausforderung besteht darin, dass die große Umlaufbahn des Exoplaneten-Kandidaten bedeutet, dass er in den nächsten 70 Jahren nicht wieder vor seinem Zentralgestirn vorbeizieht. Das verhindert die Versuche für eine bestätigende Beobachtung über Jahrzehnte.

“Um zu bestätigen, dass wir einen Exoplaneten sehen, müssen wir leider wahrscheinlich Jahrzehnte warten, bis wir einen weiteren Transit beobachten”, sagte die Co-Autorin Nia Imara von der University of California in Santa Cruz. “Und wegen der Unsicherheiten darüber, wie lange eine Umkreisung dauert, wüssten wir nicht, wann genau wir schauen müssen.”

Kann die Helligkeitsabschwächung durch eine Wolke aus Gas und Staub vor der Röntgenquelle verursacht worden sein? Die Forscher betrachten dies als eine unwahrscheinliche Erklärung, weil die Eigenschaften des in M51-ULS-1 beobachteten Ereignisses nicht mit der Passage einer solchen Wolke übereinstimmen. Das Modell eines Exoplaneten-Kandidaten hingegen passt zu den Daten.

“Wir wissen, dass wir eine aufregende und kühne Behauptung aufstellen, also gehen wir davon aus, dass andere Astronomen sie sehr sorgfältig prüfen”, sagte die Co-Autorin Julia Berndtsson von der Princeton University in New Jersey. “Wir denken, dass wir ein gutes Argument haben, und so funktioniert Wissenschaft.”

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Video-Link: https://youtu.be/cbivazf-4Ew

 

Falls ein Planet in diesem System existiert, hatte er wahrscheinlich eine turbulente Geschichte und heftige Vergangenheit. Ein Exoplanet in dem System hätte eine Supernova-Explosion überstehen müssen, die den Neutronenstern oder das Schwarze Loch erschuf. Die Zukunft könnte ebenfalls gefährlich sein. Irgendwann könnte auch der Begleitstern als Supernova explodieren und den Exoplaneten einmal mehr mit extrem starker Strahlung überfluten.

Di Stefano und ihre Kollegen suchten mit Chandra und dem ESA-Weltraumobservatorium XMM-Newton nach Röntgentransits in drei Galaxien jenseits der Milchstraße. Ihre Suche umfasste 55 Systeme in M51, 64 Systeme in Messier 101 (der Pinwheel-Galaxie) und 119 Systeme in Messier 104 (der Sombrero-Galaxie), was in dem einen Exoplaneten-Kandidaten resultierte, der hier beschrieben wird.

Die Autoren werden die Archive von Chandra und XMM-Newton nach weiteren Exoplaneten-Kandidaten in anderen Galaxien durchsuchen. Entsprechende Chandra-Datensätze sind für mindestens 20 Galaxien verfügbar, darunter einige wie M31 und M33, die viel näher liegen als M51 und kürzere Transits registrierbar machen. Ein anderes interessantes Forschungsgebiet ist die Suche nach Röntgentransits in der Milchstraßen-Galaxie, um nahe Planeten in ungewöhnlichen Umgebungen zu entdecken.

Die anderen Autoren der Studie sind Ryan Urquhart (Michigan State University), Roberto Soria (University of the Chinese Science Academy), Vinay Kashap (CfA) und Theron Carmichael (CfA). Das Marshall Space Flight Center der NASA leitet das Chandra-Programm. Das Chandra X-ray Center am Smithsonian Astrophysical Observatory steuert die wissenschaftlichen Aspekte der Mission von Cambridge (Massachusetts) aus und die Flugoperationen von Burlington (Massachusetts) aus.

Quelle

(THK)

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