Eine neue NASA-Forschungsarbeit hilft bei der Verbesserung unseres Wissens über Planetenkandidaten jenseits unseres Sonnensystems, die Leben unterstützen könnten.
“Mit einem Modell, dass die atmosphärischen Bedingungen realistischer simuliert, entdeckten wir einen Prozess, der die Bewohnbarkeit von Exoplaneten steuert und der uns bei der Identifizierung von Kandidaten für weitere Untersuchungen leiten wird”, sagte Yuka Fujii vom Goddard Institute for Space Studies (GISS) der NASA in New York. Außerdem ist sie am Earth-Life Science Institute des Tokyo Institute of Technology in Japan tätig und die Hauptautorin einer Abhandlung, die am 17. Oktober 2017 im Astrophysical Journal veröffentlicht wurde.
Frühere Modelle simulierten die atmosphärischen Bedingungen in einer Dimension – der vertikalen Höhe. Wie ein paar andere kürzliche Bewohnbarkeitsstudien nutzte die neue Arbeit ein Modell, dass die Bedingungen in allen drei Dimensionen berechnet. Das erlaubte dem Team, die Zirkulation der Atmosphäre und die besonderen Eigenschaften dieser Zirkulation zu simulieren, was eindimensionale Modelle nicht können. Die neue Arbeit wird Astronomen helfen, die spärliche Beobachtungszeit auf die vielversprechendsten Kandidaten bezüglich der Bewohnbarkeit zu konzentrieren.
Flüssiges Wasser ist notwendig für Leben, wie wir es kennen. Daher wird die Oberfläche eines Exoplaneten als potenziell bewohnbar angesehen, wenn seine Temperatur über einen ausreichend langen Zeitraum (Milliarden Jahre) flüssiges Wasser erlaubt, um die Entwicklung von Leben zu begünstigen. Wenn der Exoplanet zu weit von seinem Zentralstern entfernt ist, wird er zu kalt und seine Ozeane werden zufrieren. Wenn sich der Exoplanet zu nah an seinem Zentralstern befindet, wird das Licht des Sterns zu intensiv und die Ozeane auf dem Exoplaneten werden letztendlich verdampfen und verflüchtigen sich in den Weltraum.
Das geschieht, wenn Wasserdampf in eine Schicht der oberen Atmosphäre (die sogenannte Stratosphäre) aufsteigt und dort von ultraviolettem Licht des Sterns in seine elementaren Bestandteile Wasserstoff und Sauerstoff aufgespalten wird. Die extrem leichten Wasserstoffatome können dann in den Weltraum entweichen. Man sagt, dass Planeten, die auf diese Weise ihre Ozeane verlieren, wegen ihrer humiden Stratosphären in den Zustand eines feuchten Treibhauseffekts eingetreten sind.
Frühere Modelle sagten voraus, dass die langfristigen Oberflächentemperaturen höher als auf der Erde sein müssen (über 66 Grad Celsius), damit der Wasserdampf die Stratosphäre erreichen kann. Diese Temperaturen würden starke konvektive Stürme antreiben. Es hat sich allerdings herausgestellt, dass diese Stürme nicht der Grund dafür sind, dass das Wasser auf langsam rotierenden Planeten im Stadium des feuchten Treibhauseffekts die Stratosphäre erreicht.
“Wir stellten fest, dass der von einem Stern emittierte Strahlungstyp und dessen Auswirkungen auf die atmosphärische Zirkulation auf einem Exoplaneten bei der Entwicklung des feuchten Treibhauseffekts eine wichtige Rolle spielt”, sagte Fujii. Im Fall von Exoplaneten, die ihren Stern in geringer Entfernung umkreisen, wird die Gravitation des Sterns stark genug sein, um die Rotation des Planeten zu verlangsamen. Das könnte dazu führen, dass sich eine gebundene Rotation einstellt, wobei eine Seite des Planeten immer dem Stern zugewandt ist, so dass dort ewiger Tag herrscht. Die andere Seite ist dagegen immer von dem Stern abgewandt, was in ewiger Nacht resultiert.
Wenn das passiert, bilden sich auf der Tagseite des Planeten dicke Wolken, die wie ein Sonnenschirm agieren, um die Oberfläche vor einem Großteil des Sternlichts zu schützen. Obwohl das den Planeten kühl halten und Wasserdampf am Aufsteigen hindern könnte, fand das Team heraus, dass die Menge der nahinfraroten Strahlung des Sterns die notwendige Wärme liefern könnte, um den Planeten in den Zustand des feuchten Treibhauseffekts eintreten zu lassen.
Nahinfrarote Strahlung besteht aus Wellenlängen, die für das menschliche Auge unsichtbar sind. Wasser in Form von Dampf in der Luft oder als Tröpfchen oder Eiskristalle in Wolken absorbieren nahinfrarotes Licht und erwärmen die Luft. Wenn die Luft sich erwärmt, steigt sie auf und trägt das Wasser in die Stratosphäre, wo es den feuchten Treibhauseffekt auslöst.
Dieser Prozess ist besonders relevant für Planeten um massearme Sterne, die kühler und viel schwächer als die Sonne sind. Damit solche Planeten bewohnbar sein können, müssen sie viel näher an diesen Sternen liegen als unsere Erde an der Sonne. Bei derart geringen Entfernungen erfahren solche Planeten wahrscheinlich starke Gezeitenkräfte ihres Sterns, weshalb sie langsam rotieren. Auch gilt: Je kühler ein Stern ist, desto mehr nahinfrarote Strahlung emittiert er.
Weil solche Sterne den Großteil ihres Lichts in nahinfraroten Wellenlängen emittieren, demonstrierte das neue Modell, dass ein feuchter Treibhauseffekt die Folge sein würde, selbst wenn die Bedingungen vergleichbar mit den Tropen auf der Erde oder etwas wärmer wären. Das Team stellte fest, dass der von nahinfraroter Strahlung angetriebene Prozess auf Exoplaneten mit geringen Distanzen zu ihren Sternen langsam die Feuchtigkeit in den Stratosphären erhöhte. Im Gegensatz zu den Vorhersagen der alten Modelle ist es also möglich, dass ein Exoplanet, der näher an seinem Zentralstern kreist, bewohnbar bleiben könnte.
Das ist eine wichtige Beobachtung für Astronomen, die nach bewohnbaren Welten suchen, weil massearme Sterne am häufigsten in der Galaxie vorkommen. Ihre schiere Anzahl erhöht die Wahrscheinlichkeit dafür, dass unter ihnen eine bewohnbare Welt gefunden werden könnte.
Die neue Arbeit wird Astronomen helfen, die vielversprechendsten Kandidaten bei der Suche nach bewohnbaren Planeten auszuwählen. “Wenn wir die Temperatur des Sterns kennen, können wir abschätzen, ob Planeten, die nahe an ihren Sternen liegen, das Potenzial besitzen, im Stadium des feuchten Treibhauseffekts zu sein”, sagte Anthony Del Genio vom GISS, ein Co-Autor der Studie. “Aktuelle Technologien werden bis an ihre Grenzen beansprucht, um geringe Mengen Wasserdampf in der Atmosphäre eines Exoplaneten nachzuweisen. Wenn es dort genug Wasser für einen Nachweis gibt, bedeutet das möglicherweise, dass sich der Planet im Stadium des feuchten Treibhauseffekts befindet.”
In dieser Studie setzten die Forscher einen Planeten mit einer erdähnlichen Atmosphäre voraus, der aber vollständig von Ozeanen bedeckt ist. Diese Voraussetzungen erlaubten dem Team zu erkennen, wie die Veränderung der Orbitaldistanz und der Typ der stellaren Strahlung die Menge des Wasserdampfs in der Stratosphäre beeinflusst. In Zukunft plant das Team, planetare Eigenschaften wie die Gravitation, die Größe, die atmosphärische Zusammensetzung und den Oberflächendruck zu ändern, um zu sehen, wie sie sich auf die Wasserdampfzirkulation und die Bewohnbarkeit auswirken.
Die Forschungsarbeit wurde finanziert durch den Nexus for Exoplanet System Science des NASA Astrobiology Program, das NASA Postdoctoral Program (geleitet von Oak Ridge Affiliated Universities in Oak Ridge, Tennessee), die Universities Space Research Association in Columbia (Maryland) und Fördermittel der Japan Society for the Promotion of Science (Nr. 15K17605) in Tokio (Japan).
(THK)
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