Der Krebsnebel im Wandel der Zeit

Kompositbild des Krebsnebels aus Daten der Weltraumteleskope Chandra (blau und weiß), Hubble (violett) und Spitzer (pink). (Credits: X-ray: NASA / CXC / SAO; Optical: NASA / STScI; Infrared: NASA / JPL-Caltech)
Kompositbild des Krebsnebels aus Daten der Weltraumteleskope Chandra (blau und weiß), Hubble (violett) und Spitzer (pink). (Credits: X-ray: NASA / CXC / SAO; Optical: NASA / STScI; Infrared: NASA / JPL-Caltech)

Im kommenden Jahr ist der 20. Jahrestag des Starts des NASA-Weltraumteleskops Chandra. Der Krebsnebel war eines der ersten Objekte, das Chandra mit seinem scharfen Röntgenblick untersuchte und wurde seitdem zu einem regelmäßigen Beobachtungsziel des Teleskops.

Es gibt viele Gründe dafür, dass der Krebsnebel ein so gut erforschtes Objekt ist. Beispielsweise ist er einer von nur einer Handvoll Fällen, bei denen es klare historische Belege für den Zeitpunkt der Sternexplosion gibt. Der zeitliche Kontext hilft Astronomen, die Einzelheiten der Explosion und ihre Nachwirkungen zu verstehen.

Im Fall des Krebsnebels berichteten Beobachter in mehreren Ländern im Jahr 1054 n. Chr. über das Erscheinen eines “neuen Sterns” in Richtung des Sternbildes Taurus (Stier). In den nachfolgenden Jahrhunderten hat man viel über den Krebsnebel in Erfahrung gebracht. Heute wissen Astronomen, dass der Krebsnebel von einem schnell rotierenden, hochgradig magnetisierten Neutronenstern gestaltet wird, einem sogenannten Pulsar.

Er entstand, als ein massereicher Stern seinen Brennstoff verbrauchte und kollabierte. Die Kombination aus schneller Rotation und einem starken Magnetfeld im Krebspulsar erzeugt ein intensives elektromagnetisches Feld, das Jets aus Materie und Antimaterie hervorbringt, welche sich von den Polen des Pulsars entfernen, sowie einen starken Sternwind, der am Äquator entströmt.

Das neueste Bild des Krebsnebels ist ein Komposit aus Röntgendaten von Chandra (blau und weiß), optischen Daten von Hubble (violett) und Infrarotdaten des Weltraumteleskops Spitzer (pink). Im Röntgenbereich sind die Ausmaße geringer als in den anderen Wellenlängenbereichen, weil extrem energiereiche Elektronen, die Röntgenstrahlung emittieren, ihre Energie schneller abstrahlen als die energieärmeren Elektronen, welche optisches und infrarotes Licht abgeben.

Dieses neue Kompositbild ergänzt das wissenschaftliche Vermächtnis und umfasst nahezu zwei Jahrzehnte an Beobachtungen. Hier sind einige Beispiele für die vielen Einblicke in dieses berühmte Objekt, die Astronomen mit Chandra und anderen Teleskopen gewonnen haben.

1999
Nur wenige Wochen nach seinem Aussetzen im Weltraum durch das Space Shuttle Columbia im Sommer 1999 beobachtete Chandra den Krebsnebel. Die Chandra-Daten offenbarten nie zuvor gesehene Strukturen im Krebsnebel, darunter einen hellen Ring aus hochenergetischen Teilchen, der das Zentrum des Nebels umgibt.
http://chandra.harvard.edu/photo/1999/0052/

2002
Die dynamische Natur des Krebsnebels wurde im Jahr 2002 lebhaft enthüllt, als Wissenschaftler Videos erstellten, die auf koordinierten Beobachtungen basieren, welche mit Chandra und Hubble im Verlauf mehrerer Monate gemacht wurden. Der bereits früher beobachtete helle Ring besteht aus etwa zwei Dutzend Knoten, die sich bilden, heller und schwächer werden, herumflackern und gelegentlich Ausbrüche zeigen, die expandierende Teilchenwolken hervorbringen. Aber sie bleiben grob an der gleichen Position.

Diese Knoten werden von einer Schockwelle ähnlich eines Überschallknalls verursacht, wo schnelle Teilchen des Pulsars auf das umgebende Gas prallen. Helle Fetzen, die in diesem Ring ihren Ursprung haben, bewegen sich mit halber Lichtgeschwindigkeit nach außen, um in größerer Entfernung zu dem Pulsar einen zweiten expandierenden Ring zu formen.
http://chandra.harvard.edu/photo/2002/0052/

2006
Im Jahr 2003 wurde das Weltraumteleskop Spitzer gestartet und gesellte sich mit seinem Infrarotblick zu Hubble, Chandra und dem Compton Gamma-ray Observatory, um die Entwicklung des “Great Observatory”-Programms der NASA abzuschließen. Ein paar Jahre später wurde das erste Kompositbild des Krebsnebels bestehend aus Chandra-Daten (hellblau), Hubble-Daten (grün und dunkelblau) und Spitzer-Daten (rot) veröffentlicht.
http://chandra.harvard.edu/photo/2006/crab/

2008
Als Chandra seine Beobachtungen des Krebsnebels fortführte, lieferten die Daten ein deutlicheres Bild dessen, was in diesem dynamischen Objekt geschieht. Im Jahr 2008 sahen die Wissenschaftler erstmals ein Bild der schwachen Grenze des von dem Krebspulsar ausgehenden Pulsarwindnebels, einem Kokon aus hochenergetischen Teilchen, der den Pulsar umgibt.

Die Daten zeigten Strukturen, die Astronomen als “Finger”, “Schlingen” und “Buchten” bezeichnen. Diese Strukturen wiesen darauf hin, dass die Magnetfelder des Nebels und der Filamente aus kühlerer Materie die Bewegungen der Elektronen und Positronen leiten. Die Teilchen können sich entlang der Magnetfeldlinien schnell bewegen und mehrere Lichtjahre zurücklegen, bevor sie ihre Energie abstrahlen. Im Gegensatz dazu bewegen sie sich rechtwinklig zu dem Magnetfeld relativ langsam und legen nur eine kurze Strecke zurück, bevor sie ihre Energie verlieren.
http://chandra.harvard.edu/photo/2008/crab/

2011
Zeitraffervideos von Chandra-Daten des Krebsnebels sind leistungsfähige Hilfsmittel, um die dramatischen Veränderungen der Röntgenemissionen nahe des Pulsars zu verdeutlichen. Im Jahr 2011 zeigten Chandra-Beobachtungen zwischen September 2010 und April 2011 die Position von bemerkenswerten Gammastrahlenausbrüchen (Flares), die vom Fermi Gamma Ray Observatory der NASA und dem italienischen AGILE-Satelliten registriert wurden. Die beiden Gamma-Teleskope waren nicht in der Lage, die Quelle der Flares innerhalb des Nebels zu lokalisieren, aber Astronomen hofften, dass Chandra mit seinen hochauflösenden Bildern es schaffen würde.

Als zwei starke Gammaausbrüche stattfanden, wurden Beobachtungen mit Chandra durchgeführt, aber auf den Chandra-Bildern waren keine deutlichen Belege für damit zusammenhängende Flares zu sehen. Trotz der fehlenden Übereinstimmung halfen die Chandra-Beobachtungen den Wissenschaftlern, eine Erklärung für die Gammaflares zu finden. Obwohl es noch andere Möglichkeiten gibt, lieferte Chandra Belege dafür, dass beschleunigte Teilchen die Gammaflares verursachten.
http://chandra.harvard.edu/photo/2011/crab/

2014
Um den 15. Jahrestag von Chandras Start zu feiern, wurden mehrere neuen Bilder von Supernova-Überresten veröffentlicht, darunter vom Krebsnebel. Dies war ein “Dreifarben”-Bild des Krebsnebels, bei dem die Röntgendaten in drei verschiedene Energiebänder aufgeteilt wurden. Auf diesem Bild sind die energieärmsten Röntgenstrahlen rot dargestellt, der mittlere Bereich erscheint grün, und die energiereichsten Röntgenstrahlen des Krebsnebels sind blau. Man beachte, dass die Röntgenemissionen im hohen Energiebereich kleiner ausfallen als in den anderen. Das liegt daran, dass die energiereichsten Elektronen, die für diese Röntgenstrahlen verantwortlich sind, ihre Energie schneller abstrahlen als die energieärmeren Elektronen.
http://chandra.harvard.edu/photo/2014/15year/

2017
Aufbauend auf den älteren Bildern des Krebsnebels, die mit mehreren Wellenlängen erstellt wurden, schuf man im Jahr 2017 eine hochauflösende Ansicht des Krebsnebels mit Daten von Teleskopen, die fast die gesamte Breite des elektromagnetischen Spektrums abdecken. Radiowellen des Karl G. Jansky Very Large Array (rot), optische Hubble-Daten (grün), Infrarotdaten von Spitzer (gelb) sowie Röntgendaten von XMM-Newton (blau) und Chandra (violett) ergaben ein spektakuläres neues Bild des Krebsnebels.
http://chandra.harvard.edu/photo/2017/crab/

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Video-Link: https://youtu.be/fKsVznGnk2Q

Das Marshall Space Flight Center der NASA in Huntsville (Alabama) leitet das Chandra-Programm für das Science Mission Directorate der Agentur in Washington. Das Smithsonian Astrophysical Observatory in Cambridge (Massachusetts) steuert Chandras Wissenschafts- und Flugoperationen.

Quelle

(THK)

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