Belege für eine mögliche Veränderlichkeit der Dunklen Energie

Diese Grafik veranschaulicht, dass die Dunkle Energie im Verlauf der Zeit veränderlich gewesen sein könnte. (Credits: NASA / CXC / M.Weiss)
Diese Grafik veranschaulicht, dass die Dunkle Energie im Verlauf der Zeit veränderlich gewesen sein könnte. (Credits: NASA / CXC / M.Weiss)

Astronomen haben Hinweise darauf gefunden, dass eine unsichtbare Kraft – die sogenannte Dunkle Energie, die im Allgemeinen für konstant gehalten wird –, mit der Zeit stärker werden könnte. Wenn das bestätigt wird, könnte dieses Ergebnis Astronomen dazu zwingen, ihr grundlegendes Wissen über die Geschichte und die Struktur des Universums neu zu überdenken.

Diese neue Studie nutzt Röntgendaten der Weltraumteleskope Chandra (NASA) und XMM-Newton (ESA) zusammen mit Ultraviolettdaten des Sloan Digital Sky Survey (SDSS).

Dunkle Energie wurde erstmals vor 20 Jahren durch Entfernungsmessungen zu Supernovae entdeckt und ist eine vermutete Art Kraft oder Energie, die den gesamten Weltraum durchzieht und die Expansion des Universums beschleunigen lässt. Sie umfasst etwa 70 Prozent der Inhalte des Universums. Im Lambda-CDM-Modell, das derzeit für die meisten Studien zur Geschichte und Struktur des Universums verwendet wird, wird die Dunkle Energie als die kosmologische Konstante interpretiert. Das bedeutet, sie ist eine Energie, die mit dem leeren Raum zusammenhängt, und über Raum und Zeit hinweg konstant.

Der Kernpunkt der neuesten Ergebnisse ist die Entwicklung einer neuen Methode, um die Entfernungen zu Quasaren zu bestimmen – das sind schnell wachsende und hell leuchtende Schwarze Löcher im fernen Universum. Diese Methode, bei der Daten von rund 1.600 Quasaren genutzt wurden, erlaubt Astronomen die Distanzbestimmung von Quasaren, die viel weiter von der Erde entfernt sind als die beobachteten Supernovae.

Unter Verwendung dieser Entfernungsmessungen erweiterten Guido Risalti von der Universität Florenz in Italien und Elisabeta Lusso von der Durham University in Großbritannien Berechnungen von der Expansionsrate des Universums bis in größere Distanzen und damit bis in frühere Zeitperioden in der Geschichte des Universums. XMM-Newton enthüllte Quasare aus einer Zeitperiode, als das Universum erst 2,3 Milliarden Jahre alt war. Chandra und XMM-Newton registrierten Quasare, die in Zeitperioden zwischen 1,1 und 2,3 Milliarden Jahre nach dem Urknall zurückreichen. Das momentan akzeptierte Alter des Universums selbst beträgt 13,8 Milliarden Jahre.

Wie in der neuesten Ausgabe von Nature Astronomy berichtet wird, stellten sie eine Expansionsrate fest, die sich von den Voraussagen des Lambda-CMD-Modells unterscheidet. “Wir beobachteten Quasare, die eine Milliarde Jahre nach dem Urknall existierten, und fanden heraus, dass die Expansionsrate des Universums bis zum heutigen Tag schneller war, als wir erwartet hatten”, sagte Risaliti. “Das könnte bedeuten, dass die Dunkle Energie mit zunehmendem Alter des Universums stärker wird.” Die neue Technik nutzt Ultraviolett- und Röntgendaten dieser Quasare, um deren Entfernungen zu schätzen.

In Quasaren produziert eine um das Schwarze Loch rotierende Materiescheibe ultraviolettes Licht. Ein Teil des ultravioletten Lichts kollidiert mit Elektronen in einer Wolke aus heißem Gas oberhalb und unterhalb der Scheibe, und diese Kollisionen können die Energie des ultravioletten Lichts bis in den Röntgenenergiebereich steigern. Diese Wechselwirkung schafft eine Korrelation zwischen den Mengen der beobachteten Ultraviolett- und Röntgenstrahlung. Die Entfernung des Quasars hängt von dieser Korrelation ab.

Risaliti und Lusso kombinierten UV-Daten des Sloan Digital Sky Survey sowie Röntgendaten von Chandra und XMM-Newton von 1.598 Quasaren, um einen Zusammenhang zwischen der UV-Helligkeit und der Röntgenhelligkeit abzuleiten und daraus die Entfernungen der Quasare zu ermitteln. Dann untersuchten sie mithilfe dieser Informationen die Expansionsrate des Universums bis in sehr frühe Zeitperioden. Sie fanden Hinweise darauf, dass die Menge der Dunklen Energie im Verlauf der Zeit zunimmt.

“Weil dies eine neue Technik ist, unternahmen wir zusätzliche Schritte, um zu zeigen, dass diese Methode uns verlässliche Ergebnisse bringt”, sagte Lusso. “Wir zeigten, dass die Ergebnisse von unserer Technik mit jenen von Supernova-Messungen übereinstimmten, die den zeitlichen Verlauf der letzten neun Milliarden Jahre abbilden. Das gibt uns Sicherheit, dass unsere Ergebnisse in noch früheren Zeitperioden ebenfalls belastbar sind.”

Die Forscher legten auch großen Wert auf die Auswahl ihrer Quasare, um statistische Fehler zu minimieren und systematische Fehler zu vermeiden, die auf der Entfernung des Objekts zur Erde beruhen könnten. Wenn sich das Ergebnis bestätigt, würde es dafür sprechen, dass die Dunkle Energie nicht die kosmologische Konstante ist. Es könnte auch dabei helfen, einen Unterschied zwischen der Messung der Hubble-Konstanten (der Expansionsrate des Universums) basierend auf lokalen Indikatoren und der Messung basierend auf dem kosmischen Mikrowellenhintergrund aufzuklären.

Mittels Supernova-Beobachtungen hatten Astronomen bereits früher berichtet, dass das Universum jetzt schneller zu expandieren scheint, als anhand des kurz nach dem Urknall produzierten kosmischen Mikrowellenhintergrundes erwartet worden war.

“Manche Wissenschaftler vermuteten, dass eine neue Physik erforderlich sein könnte, um diese Diskrepanz zu erklären – darunter die Möglichkeit, dass die Stärke der Dunklen Energie zunimmt”, sagte Risaliti. “Unsere neuen Ergebnisse stimmen mit dieser Vermutung überein.”

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Video-Link: https://youtu.be/V7CoKYgumG8

Um diese Ergebnisse weiter zu überprüfen, planen Risaliti und Lusso die Verwendung einer großen Stichprobe von Chandras Quasar-Beobachtungen in einem breiten Entfernungsbereich und die Anwendung derselben Technik. Eine Vorabversion der Abhandlung von Risaliti und Lusso ist auf arxiv.org verfügbar.

Das Marshall Space Flight Center der NASA in Huntsville (Alabama) leitet das Chandra-Programm für das Science Mission Directorate der Agentur in Washington. Das Smithsonian Astrophysical Observatory in Cambridge (Massachusetts) steuert Chandras Wissenschafts- und Flugoperationen.

Quelle

(THK)

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