Chandra beobachtet galaktischen Ring aus Schwarzen Löchern oder Neutronensternen

Die Ringgalaxie AM 0644, basierend auf Daten der Weltraumteleskope Chandra und Hubble. (Credits: X-ray: NASA / CXC / INAF / A. Wolter et al; Optical: NASA / STScI)
Die Ringgalaxie AM 0644, basierend auf Daten der Weltraumteleskope Chandra und Hubble. (Credits: X-ray: NASA / CXC / INAF / A. Wolter et al; Optical: NASA / STScI)

Astronomen haben das Chandra X-ray Observatory der NASA verwendet, um einen Ring aus Schwarzen Löchern oder Neutronensternen in einer 300 Millionen Lichtjahre entfernten Galaxie zu entdecken. Dieser Ring könnte Wissenschaftlern helfen zu verstehen, was bei katastrophalen Kollisionen von Galaxien geschieht.

Für dieses neue Kompositbild der Galaxie AM 0644-741 (kurz AM 0644) wurden Röntgendaten von Chandra (Violett) mit optischen Daten des Weltraumteleskops Hubble (Rot, Grün, Blau) kombiniert. Die Chandra-Daten offenbaren die Anwesenheit sehr heller Röntgenquellen in einem bemerkenswerten Ring. Höchstwahrscheinlich handelt es sich dabei um Doppelsternsysteme, die entweder aus stellaren Schwarzen Löchern oder Neutronensternen bestehen. Die Ergebnisse werden in einer neuen Studie beschrieben, die von Anna Wolter vom INAF-Osservatorio Astronomico di Brera in Mailand (Italien) geleitet wurde.

Woher stammt der Ring aus Schwarzen Löchern oder Neutronensternen in AM 0644? Astronomen vermuten, dass er entstand, als eine Galaxie durch die Gravitationskraft in eine andere Galaxie gezogen wurde. Die erste Galaxie erzeugte Störungen in dem Gas der zweiten Galaxie (AM 0644), die unten rechts zu sehen ist. Diese Störungen produzierten dann einen expandierenden Ring aus Gas in der Galaxie AM 0644, der die Geburt neuer Sterne anstieß. Die erste Galaxie ist möglicherweise das Objekt, das unten links im Bild erkennbar ist.

Die massereichsten dieser jungen Sterne werden – in kosmischen Maßstäben betrachtet – kurze Lebensdauern von einigen Millionen Jahren haben. Danach ist ihr Brennstoff aufgebraucht und die Sterne explodieren als Supernovae, wobei sie entweder Schwarze Löcher mit typischen Massen von 5-20 Sonnenmassen zurücklassen, oder Neutronensterne mit einer Masse, die ungefähr der Sonnenmasse entspricht.

Einige dieser Schwarzen Löcher oder Neutronensterne besitzen nahe Begleitsterne und ziehen Gas von ihren stellaren Partnern ab. Dieses Gas fällt in Richtung des Schwarzen Lochs oder des Neutronensterns und bildet eine rotierende Scheibe, die durch Reibungseffekte aufgeheizt wird. Das superheiße Gas erzeugt große Mengen Röntgenstrahlung, die Chandra registrieren kann.

Obwohl ein Ring aus Schwarzen Löchern oder Neutronensternen selbst schon verblüffend ist, geht die Geschichte von AM 0644 noch weiter. Alle in dem Ring von AM 0644 registrierten Röntgenquellen sind hell genug, um als ultraleuchtkräftige Röntgenquellen (ultraluminous X-ray sources, ULXs) klassifiziert zu werden. Das ist eine Objektklasse, die hunderte bis tausende Male mehr Röntgenstrahlung produziert als die meisten “normalen” Doppelsternsysteme, in denen ein Begleitstern einen Neutronenstern oder ein Schwarzes Loch umkreist.

Bislang vermuteten die meisten Astronomen, dass ultraleuchtkräftige Röntgenquellen stellare Schwarze Löcher enthalten, wobei in manchen Fällen möglicherweise auch mittelschwere Schwarze Löcher mit über 100 Sonnenmassen präsent sind. Diese Vermutung wurde überholt, als in anderen Galaxien, darunter M82 und M51, ein paar ultraleuchtkräftige Röntgenquellen mit Neutronensternen gefunden wurden.

Für die intensiven Röntgenemissionen von ultraleuchtkräftigen Röntgenquellen wurden neben mittelschweren Schwarzen Löchern auch verschiedene andere Erklärungen vorgeschlagen. Dazu gehören beispielsweise ein ungewöhnlich schnelles Wachstum des Schwarzen Lochs oder Neutronensterns, sowie geometrische Effekte, die aus der Kanalisierung einfallender Materie entlang magnetischer Feldlinien hervorgehen. Die Natur der einzelnen ultraleuchtkräftigen Röntgenquellen in AM 0644 ist derzeit unbekannt. Es könnte eine Kombination aus Schwarzen Löchern und Neutronensterne sein, aber es ist auch möglich, dass sie alle nur Schwarze Löcher oder nur Neutronensterne sind.

Nicht alle Röntgenquellen auf dem Bild befinden sich im Ring von AM 0644. Eine der Röntgenquellen ist ein rasch wachsendes Schwarzes Loch, das weit jenseits der Galaxie liegt und rund 9,1 Milliarden Lichtjahre von der Erde entfernt ist.

Eine andere erstaunliche Röntgenquelle, die von Chandra registriert wurde, ist ein wachsendes supermassives Schwarzes Loch im Zentrum der Galaxie. In einer neuen Studie verwendeten die Forscher ebenfalls Chandra-Beobachtungen, um neben AM 0644 noch sechs andere Ringgalaxien zu untersuchen. In den sieben Galaxien wurden insgesamt 63 Röntgenquellen gefunden, davon 50 klassifiziert als ultraleuchtkräftige Röntgenquellen. Die Autoren sehen in den Ringgalaxien eine größere Durchschnittsanzahl von ultraleuchtkräftigen Röntgenquellen als in anderen Galaxientypen. Ringgalaxien haben das Interesse von Astronomen auf sich gezogen, weil sie ideale Testobjekte für Modelle zur Entstehung von Doppelsternen sind, und um den Ursprung von ultraleuchtkräftigen Röntgenquellen zu verstehen.

Aktivieren Sie JavaScript um das Video zu sehen.
Video-Link: https://youtu.be/FgbmB_yLbZ0


Die Abhandlung, die die Studie über AM 0644 und die anderen Ringgalaxien beschreibt, erschien am 10. August 2018 im Astrophysical Journal und ist online verfügbar. Die Co-Autoren der Abhandlung sind Antonella Fruscione vom Harvard-Smithsonian Center for Astrophysics in Cambridge (Massachusetts) und Michela Mapelli vom INAF-Osservatorio Astronomico di Padova in Padua (Italien).

Das Marshall Space Flight Center der NASA in Huntsville (Alabama) leitet das Chandra-Programm für das Science Mission Directorate in Washington. Das Smithsonian Astrophysical Observatory in Cambridge (Massachusetts) steuert Chandras Wissenschafts- und Flugoperationen.

Quelle

(THK)

Werbung

Ersten Kommentar schreiben

Antworten

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht.


*