Mit Spannung erwartet: Die ersten Bilder des James Webb Space Telescope

Ein Deep Field mit dem Galaxienhaufen SMAC 0723, aufgenommen vom James Webb Space Telescope. (Credits: NASA, ESA, CSA, and STScI)
Ein Deep Field mit dem Galaxienhaufen SMAC 0723, aufgenommen vom James Webb Space Telescope. (Credits: NASA, ESA, CSA, and STScI)

SMACS 0723 – Das bisher tiefste Infrarotbild des Universums

Das James Webb Space Telescope der NASA hat das bislang tiefste und schärfste Infrarotbild des fernen Universums gemacht. Das erste Deep Field des Webb-Teleskops zeigt den Galaxienhaufen SMACS 0723 und er ist übersät mit tausenden Galaxien – darunter die schwächsten Objekte, die jemals im Infrarotbereich beobachtet wurden.

Der Bildausschnitt entspricht ungefähr der Größe eines Sandkorns in einer Armlänge Abstand – ein winziger Teil des riesigen Universums. Die kombinierte Masse dieses Galaxienhaufens agiert als Gravitationslinse und bündelt das Licht von weiter entfernten Galaxien. Manche davon liegen in einer Epoche, als das Universum weniger als eine Milliarde Jahre alt war. Dieses Deep Field von Webbs Near-Infrared Camera (NIRCAM) ist ein Komposit aus Bildern in verschiedenen Wellenlängen und umfasst eine Gesamtbelichtungszeit von 12,5 Stunden. Dabei erreicht es in infraroten Wellenlängen eine Tiefe jenseits der tiefsten Deep-Field-Aufnahmen des Weltraumteleskops Hubble, was mehrere Wochen belichtete. Und das ist erst der Anfang. Wissenschaftler werden das Webb für länger belichtete Aufnahmen nutzen und mehr unseres riesigen Universums enthüllen.

Das Bild zeigt den Galaxienhaufen SMACS 0723, wie er vor 4,6 Milliarden Jahren aussah, wobei vor und hinter dem Galaxienhaufen viele weitere Galaxien zu sehen sind. Mit der Analyse der Daten des Webb-Teleskops werden die Wissenschaftler weitere Erkenntnisse über diesen Galaxienhaufen gewinnen. Dieses Feld wurde auch von Webbs Mid-Infrared Instrument (MIRI) fotografiert, das mittelinfrarote Wellenlängen registriert.

Webbs NIRCam hat ferne Galaxien in den Fokus gebracht. Sie besitzen winzige, schwache Strukturen, die nie zuvor gesehen wurden, darunter Sternhaufen und diffuse Strukturen.

Das Licht dieser Galaxien brauchte Milliarden Jahre, um uns zu erreichen. Wenn wir die jüngsten Galaxien in diesem Feld betrachten, schauen wir zurück in eine Vergangenheit bis eine Milliarde Jahre nach dem Urknall. Das Licht wurde durch die Expansion des Universums in infrarote Wellenlängen verschoben, für deren Beobachtung das Webb-Teleskop entworfen wurde. Die Forscher werden bald beginnen, mehr über die Massen, das Alter, die Vergangenheit und die Zusammensetzungen der Galaxien zu erfahren.

Andere Merkmale sind die auffälligen Bögen in diesem Feld. Das starke Gravitationsfeld eines Galaxienhaufens kann die Lichtstrahlen von weiter entfernten Galaxien dahinter beugen, ähnlich wie ein Vergrößerungsglas die Bilder dehnt und verzerrt. Sterne werden mit auffälligen Beugungsspikes dargestellt, weil sie in kürzeren Wellenlängen heller erscheinen.

Webbs MIRI-Bild bietet ein Kaleidoskop an Farben und hebt hervor, wo der Staub ist. Staub ist ein wichtiger Bestandteil für die Sternentstehung und letztendlich auch für das Leben selbst. Blaue Galaxien enthalten Sterne, aber nur wenig Staub. Die roten Objekte in diesem Feld werden von dichten Staubschichten umgeben. Grüne Galaxien enthalten viele Kohlenwasserstoffe und andere chemische Verbindungen. Forscher können Daten wie diese nutzen, um zu verstehen, wie Galaxien entstehen, wachsen und miteinander verschmelzen – und warum sie in manchen Fällen aufhören, Sterne zu bilden.

Neben den Bildern haben zwei Instrumente des Webb-Teleskops auch Spektren aufgenommen. Das sind Daten, die Aufschluss über die physikalischen und chemischen Eigenschaften eines Objekts geben und Forschern helfen werden, viele weitere Details über ferne Galaxien in diesem Feld zu identifizieren. Der Near Infrared Spectrograph (NIRSpec) des Webb-Teleskops beobachtete 48 einzelne Galaxien gleichzeitig und lieferte eine Fülle an Einzelheiten über jede davon – eine neue Technologie, die erstmals im Weltraum verwendet wurde. Die Daten zeigten Licht von einer Galaxie, das 13,1 Milliarden Jahre unterwegs war, bevor die Spiegel des Webb-Teleskops es einfingen. Die NIRSpec-Daten demonstrieren auch, wie detailreich die Spektren der Webb-Beobachtungen sein werden.

Schließlich nutzte Webbs Near-Infrared Imager and Slitless Spectrograph (NIRISS) die Wide-Field Slitless Spectroskopy, um Spektren aller Objekte im gesamten Blickfeld auf einmal einzufangen. Im Rahmen der Ergebnisse beweist dies, das eine der Galaxien ein Spiegelbild besitzt.

SMACS 0723 liegt nahe des Sternbildes Volans (Fliegender Fisch) am Südhimmel.

Größere Version der Aufnahme:
https://www.nasa.gov/sites/default/files/thumbnails/image/main_image_deep_field_smacs0723-5mb.jpg

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WASP-96 b – Detailansicht einer dunstigen exoplanetaren Atmosphäre

Ein Spektrum der Atmosphäre des Exoplaneten WASP-96 b. (Credits: NASA, ESA, CSA, and STScI)
Ein Spektrum der Atmosphäre des Exoplaneten WASP-96 b. (Credits: NASA, ESA, CSA, and STScI)

Das James Webb Space Telescope der NASA hat die einzigartige Signatur von Wasser in der Atmosphäre eines heißen Gasriesen um einen fernen, sonnenähnlichen Stern entdeckt, zusammen mit Hinweisen auf Wolken und Dunst.

Die Beobachtung offenbart die Präsenz bestimmter Gasmoleküle, basierend auf winzigen Abschwächungen in der Helligkeit bestimmter Wellenlängen. Es ist die bislang detailreichste Beobachtung dieser Art und demonstriert die beispiellose Fähigkeit des Webb-Teleskops, Atmosphären in Hunderten Lichtjahren Entfernung zu analysieren.

Obwohl das Weltraumteleskop Hubble in den letzten 20 Jahren die Atmosphären zahlreicher Exoplaneten analysiert hat und im Jahr 2013 den ersten klaren Nachweis von Wasser erbrachte, bedeuten die aktuellen und detailreicheren Beobachtungen des Webb-Teleskops einen riesigen Schritt nach vorne, was die Charakterisierung potenziell bewohnbarer Planeten jenseits der Erde betrifft.

WASP-96 b ist einer von mehr als 5.000 bestätigten Exoplaneten in der Milchstraßen-Galaxie. Er liegt rund 1.150 Lichtjahre entfernt in Richtung des südlichen Sternbildes Phoenix und repräsentiert einen Typ von Gasriesen, die in unserem Sonnensystem kein entsprechendes Gegenstück haben. Mit einer Masse von weniger als einer halben Jupitermasse und dem 1,2-fachen Durchmesser Jupiters ist WASP-96 b aufgeblähter als jeder Planet, der unsere Sonne umkreist. Und mit einer Temperatur von mehr als 530 Grad Celsius ist er deutlich heißer. WASP-96 b umkreist seinen sonnenähnlichen Zentralstern in sehr geringer Distanz, rund ein Neuntel der Distanz zwischen Merkur und der Sonne. Er benötigt für eine Umkreisung etwa 3,5 Erdtage.

Die Kombination des großen Durchmessers mit der kurzen Umlaufperiode, der aufgeblähten Atmosphäre und dem Fehlen von kontaminierendem Licht von Objekten in der Nähe macht WASP-96 b zu einem idealen Ziel für atmosphärische Beobachtungen.

Am 21. Juni 2022 registrierte Webbs Near-Infrared Imager and Slitless Spectrograph (NIRISS) 6,4 Stunden lang Licht des Systems WASP-96, während der Planet vor dem Stern vorbeizog. Das Ergebnis ist eine Lichtkurve, die die gesamte Abschwächung des Sternlichts während des Transits zeigt, sowie ein Transmissionsspektrum, das die Helligkeitsveränderungen einzelner infraroter Wellenlängen zwischen 0,6 und 2,8 Mikrometern offenbart.

Die Lichtkurve bestätigt Eigenschaften des Planeten, die zwar bereits anhand anderer Beobachtungen bestimmt worden waren (etwa die Existenz, Größe und Umlaufbahn des Planeten). Aber das Transmissionsspektrum offenbart bislang verborgene Einzelheiten der Atmosphäre: die zweifellose Signatur von Wasser, Hinweise auf Dunst und einen Beleg für Wolken, von denen man aufgrund früherer Beobachtungen glaubte, dass sie nicht vorhanden sind.

Ein Transmissionsspektrum wird erstellt, indem das durch eine planetare Atmosphäre gefilterte Sternlicht mit dem ungefilterten Sternlicht verglichen wird. Forscher können basierend auf dem Absorptionsmuster die Häufigkeiten wichtiger Gase in einer planetaren Atmosphäre registrieren und messen – das sind die Positionen und Höhen der Ausschläge auf dem Graph. So wie die Menschen einzigartige Fingerabdrücke und DNA-Sequenzen besitzen, so haben Atome und Moleküle einzigartige Wellenlängenmuster, die sie absorbieren.

Das mit NIRISS eingefangene Spektrum von WASP-96 b ist nicht nur das bislang detailreichste nahinfrarote Transmissionsspektrum einer exoplanetaren Atmosphäre, sondern deckt auch einen bemerkenswert breiten Bereich an Wellenlängen ab. Das schließt sichtbares rotes Licht und einen Teil des Spektrums ein, der mit anderen Teleskopen bisher nicht zugänglich war (Wellenlängen größer als 1,6 Mikrometer). Dieser Teil des Spektrums ist besonders empfindlich für Wasser und andere wichtige Moleküle wie Sauerstoff, Methan, und Kohlenstoffdioxid. Diese sind im Spektrum von WASP-96 b nicht sofort ersichtlich, aber sollten bei anderen Exoplaneten nachweisbar sein, die für Beobachtungen mit dem Webb-Teleskop eingeplant sind.

Forscher können das Spektrum nutzen, um die Menge an Wasserdampf in der Atmosphäre zu messen, die Häufigkeiten verschiedener Elemente wie Kohlenstoff und Sauerstoff einzugrenzen und die Temperatur der Atmosphäre in zunehmender Tiefe zu schätzen. Dann können sie diese Informationen verwenden, um die gesamte Zusammensetzung des Planeten abzuleiten und wie, wann und wo er entstand. Die blaue Linie auf dem Graph ist ein Best-Fit-Modell, das die Daten, die bekannten Eigenschaften von WASP-96 b und die seines Sterns (Masse, Größe, Temperatur) berücksichtigt und Eigenschaften der Atmosphäre ausgibt.

Die außergewöhnlichen Details und die Klarheit dieser Messungen werden durch das moderne Design des Webb-Teleskops ermöglicht. Sein 25 Quadratmeter großer Spiegel sammelt infrarotes Licht effizient. Seine Präzisionsspektrografen spalten das Licht in tausende infraroter Farben auf. Und seine empfindlichen Infrarotdetektoren messen extrem geringe Helligkeitsunterschiede. NIRISS ist in der Lage, Farbunterschiede von nur einem Tausendstel Mikrometer wahrzunehmen (der Unterschied zwischen Grün und Gelb beträgt etwa 50 Mikrometer), sowie Helligkeitsveränderungen von wenigen hundert Teilen pro Million.

Außerdem bedeuten die extreme Stabilität und seine Umlaufbahn um den Lagrange-Punkt 2, rund 1,5 Millionen Kilometer von den kontaminierenden Effekten der Erdatmosphäre entfernt, einen beispiellosen Blick und saubere Daten, die relativ schnell analysiert werden können.

Das außergewöhnlich detailreiche Spektrum, erstellt aus der gleichzeitigen Analyse von 280 Einzelspektren währen der Beobachtung, gibt nur einen kurzen Einblick in das, was von Webb im Bereich der Exoplanetenforschung zu erwarten ist. Im kommenden Jahr werden Wissenschaftler die Oberflächen und Atmosphären mehrerer Dutzend Exoplaneten spektrografisch untersuchen – von kleinen Gesteinsplaneten bis hin zu gas- und eisreichen Riesenplaneten. Fast ein Viertel der Beobachtungszeit im Cycle 1 ist für die Untersuchung von Exoplaneten vorgesehen und für das Material, aus dem sie entstehen.

Diese NIRISS-Beobachtung demonstriert, dass das Webb die Leistungsfähigkeit zur detaillierten Charakterisierung exoplanetarer Atmosphären besitzt, darunter jene von potenziell bewohnbaren Exoplaneten.

Größere Version der Aufnahme:
https://www.nasa.gov/sites/default/files/thumbnails/image/main_image_exoplanet_wasp.jpg

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NGC 3132 – Die Schlussvorstellung eines sterbenden Sterns

Der planetarische Nebel NGC 3132. (Credits: NASA, ESA, CSA, and STScI)
Der planetarische Nebel NGC 3132. (Credits: NASA, ESA, CSA, and STScI)

Manche Sterne heben sich das Beste für den Schluss auf. Der schwächere Stern im Zentrum dieses Bildes hat Tausende Jahre lang Ringe aus Gas und Staub in alle Richtungen abgestoßen und das Webb-Teleskop hat erstmals gezeigt, dass dieser Stern in Staub eingehüllt ist.

Zwei Kameras an Bord des Webb haben das neueste Bild dieses planetarischen Nebels namens NGC 3132 aufgenommen, der inoffiziell auch als der Südliche Ringnebel bezeichnet wird. Er liegt rund 2.500 Lichtjahre entfernt.

Das Webb-Teleskop wird Astronomen erlauben, mehr Eigenschaften von planetarischen Nebeln wie diesem zu untersuchen. Planetarische Nebel sind Wolken aus Gas und Staub, die von sterbenden Sternen abgestoßen werden. Zu verstehen, welche Moleküle dort vorhanden sind und wo in den Gas- und Staubhüllen sie sich befinden, wird Forschern helfen, ihr Wissen über diese Objekte zu vertiefen.

Diese Beobachtung zeigt den Südlichen Ringnebel fast frontal, aber wenn wir ihn drehen könnten, um ihn von der Seite zu betrachten, würde seine dreidimensionale Form mehr wie zwei Schalen aussehen, die am Boden miteinander verbunden sind, mit einem großen Loch im Zentrum.

Zwei Sterne, die sich in einem engen Orbit umeinander befinden, gestalten diese lokale Landschaft. Die Infrarotbilder des Webb-Teleskops umfassen neue Einzelheiten in diesem komplexen System. Die Sterne und ihre Hüllen fallen auf diesem Bild der Near-Infrared Camera (NIRCam) links auf, während das Bild von Webbs Mid-Infrared Instrument (MIRI) rechts erstmals zeigt, dass der zweite Stern von Staub umgeben ist. Der hellere Stern ist in einem früheren Stadium seiner stellaren Entwicklung und wird in Zukunft wahrscheinlich seinen eigenen planetarischen Nebel erschaffen.

In der Zwischenzeit beeinflusst der hellere Stern das Aussehen des Nebels. Während das Paar weiterhin umeinander kreist, “rühren” sie den Topf mit Gas und Staub um, was asymmetrische Muster erzeugt.

Jede Hülle repräsentiert eine Episode, in der der schwächere Stern einen Teil seiner Masse verlor. Die breitesten Gashüllen in Richtung der äußeren Bildbereiche wurden früher abgestoßen. Die dem Stern am nächsten liegenden Hüllen sind die jüngsten. Die Verfolgung dieser Hüllen ermöglicht den Forschern, in die Vergangenheit des Systems zu blicken.

Die Beobachtungen mit der NIRCam offenbaren auch extrem feine Lichtstrahlen um den planetarischen Nebel. Licht von den Zentralsternen gelangt dort nach außen, wo es Löcher im Gas und Staub gibt – so wie Sonnenlicht durch Wolkenlücken fällt.

Weil planetarische Nebel Zehntausende Jahre lang existieren, ist die Beobachtung des Nebels wie das Anschauen eines Films in extremer Zeitlupe. Jede von dem Stern abgestoßene Hülle gibt Forschern die Möglichkeit, das darin enthaltene Gas und den Staub präzise zu messen.

Wenn der Stern Materiehüllen abstößt, bilden sich darin Staub und Moleküle, was die Landschaft sogar verändert, während der Stern weiterhin Materie abstößt. Dieser Staub wird letztendlich die Gebiete in der Umgebung anreichern und in das sogenannte interstellare Medium gelangen. Und weil er sehr langlebig ist, könnte der Staub Milliarden Jahre lang durch den Weltraum treiben und als Bestandteil für einen neuen Stern oder Planeten dienen.

In Tausenden Jahren werden sich diese zarten Schichten aus Gas und Staub in den umgebenden Weltraum zerstreuen.

Größere Version der Aufnahme:
https://www.nasa.gov/sites/default/files/thumbnails/image/main_image_stellar_death_s_ring_miri_nircam_sidebyside-5mb.jpg

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Stephans Quintett – Ein Einblick in die Galaxienentwicklung

Stephans Quintett. (Credits: NASA, ESA, CSA, and STScI)
Stephans Quintett. (Credits: NASA, ESA, CSA, and STScI)

Stephans Quintett ist eine visuelle Ansammlung von fünf Galaxien und ist bestens bekannt aus dem Auftritt in dem Film “It’s a Wonderful Life”. Heute lässt das Webb-Teleskop Stephans Quintett in neuem Licht erscheinen. Dieses enorme Mosaik ist das bislang größte Bild des Webb-Teleskops und umfasst etwa ein Fünftel des scheinbaren Monddurchmessers. Es besteht aus mehr als 150 Millionen Pixeln und wurde aus fast 1.000 einzelnen Bilddateien erstellt. Die Informationen des Webb-Teleskops geben neue Einblicke darin, wie galaktische Wechselwirkungen die Galaxienentwicklung im jungen Universum gestaltet haben könnten.

Mit seinem leistungsfähigen Infrarotblick und seiner extrem hohen räumlichen Auflösung zeigt das Webb nie zuvor gesehene Details in dieser Galaxiengruppe. Funkelnde Haufen aus Millionen junger Sterne und Starburst-Regionen mit jungen Sternen schmücken das Bild. Schweife aus Gas, Staub und Sternen werden durch gravitative Interaktionen aus einigen Galaxien herausgezogen. Das Webb-Teleskop fing zudem gigantische Schockwellen ein, als eine der Galaxien (NGC 7318B) die Gruppe durchdrang.

Zusammen sind die fünf Galaxien von Stephans Quintett auch als die Hickson Compact Group 92 (HCG 92) bekannt. Obwohl sie als Quintett bezeichnet werden, liegen nur vier der Galaxien wirklich nah beieinander und sind in einem kosmischen Tanz gefangen. Die fünfte Galaxie ganz links, NGC 7320, liegt verglichen mit den anderen vier viel näher im Vordergrund. NGC 7320 ist rund 40 Millionen Lichtjahre von der Erde entfernt, während die anderen vier Galaxien (NGC 7317, NGC 7318A, NGC 7318B und NGC 7319) rund 290 Millionen Lichtjahre entfernt sind. In kosmischen Maßstäben betrachtet ist das immer noch relativ nah, verglichen mit ferneren Galaxien in Distanzen von Milliarden Lichtjahren. Die Untersuchung solch relativ naher Galaxien wie diesen hilft Wissenschaftlern, die Strukturen besser zu verstehen, die im viel weiter entfernten Universum beobachtet werden.

Diese Nähe gibt Astronomen einen Platz in der ersten Reihe, um die Verschmelzung und die Interaktionen zwischen Galaxien zu verfolgen, die so entscheidend für die gesamte Galaxienentwicklung sind. Selten sehen Wissenschaftler so detailreich, wie interagierende Galaxien gegenseitig die Sternentstehungsprozesse auslösen und wie das Gas in diesen Galaxien gestört wird. Stephans Quintett ist ein fantastisches “Labor” für die Untersuchung dieser Prozesse, die für alle Galaxien fundamental sind.

Enge Galaxiengruppen wie diese könnten im jungen Universum häufiger vorgekommen sein, weil ihre superheiße, einströmende Materie sehr energiereiche Schwarze Löcher versorgt haben könnte, sogenannte Quasare. Sogar heute beherbergt die obere Galaxie NGC 7319 einen aktiven galaktischen Kern – ein supermassives Schwarzes Loch mit 24 Millionen Sonnenmassen. Es zieht aktiv Materie an und emittiert das Lichtenergieäquvalent von 40 Milliarden Sonnen.

Webb untersuchte den aktiven galaktischen Kern detailliert mit dem Near-Infrared Spectrograph (NIRSpec) und dem Mid-Infrared Instrument (MIRI). Die Integralfeldeinheiten (Integral Field Unit) dieser Instrumente sind eine Kombination aus Kamera und Spektrograf und gaben dem Webb-Team einen “Datenkubus” – eine Sammlung von Bildern der spektralen Eigenschaften des galaktischen Kerns.

Ähnlich wie die medizinische Magnetresonanztomografie erlauben die Integralfeldeinheiten den Wissenschaftlern, die Informationen für detaillierte Studien in viele Bilder zu trennen. Das Webb-Teleskop blickte durch die Staubhülle des Nukleus, um das heiße Gas in der Nähe des aktiven Schwarzen Lochs zu beobachten und die Geschwindigkeit der hellen Ausströmungen zu messen. Das Teleskop sah diese Ausströmungen in einem Detailgrad, der nie zuvor erreicht wurde.

In NGC 7320, der linken und nächstgelegenen Galaxie der visuellen Gruppe, konnte das Webb-Teleskop einzelne Sterne und sogar den hellen galaktischen Kern auflösen. Als Bonus enthüllte es eine Fülle von Tausenden ferner Hintergrundgalaxien, was an Hubbles Deep Fields erinnert.

In Kombination mit dem detailreichsten Infrarotbild, das bislang mit MIRI und NIRCam von Stephans Quintett erstellt wurde, liefern die Daten zahlreiche wertvolle neue Informationen. Beispielsweise werden sie Wissenschaftlern helfen, die Rate zu verstehen, mit der supermassive Schwarze Löcher sich ernähren und wachsen. Das Webb beobachtet auch Sternentstehungsregionen viel direkter und es kann die Emissionen des Staubs untersuchen. In diesem Detailgrad war das bis jetzt unmöglich.

Stephans Quintett liegt im Sternbild Pegasus und wurde 1877 von dem französischen Astronomen Édouard Stephan entdeckt.

Größere Version der Aufnahme:
https://www.nasa.gov/sites/default/files/thumbnails/image/main_image_galaxies_stephans_quintet_sq_nircam_miri_final-5mb.jpg

Quelle

 

NGC 3324 – Die Landschaft der Sternentstehung

Ein Blick auf den Rand von NGC 3324. (Credits: NASA, ESA, CSA, and STScI)
Ein Blick auf den Rand von NGC 3324. (Credits: NASA, ESA, CSA, and STScI)

Diese Landschaft aus “Bergen” und “Tälern”, durchsetzt von glitzernden Sternen, ist in Wirklichkeit der Rand einer nahen, jungen Sternentstehungsregion namens NGC 3324 im Carinanebel. Dieses Bild wurde vom neuen James Webb Space Telescope gemacht und offenbart erstmals Gebiete der Sternengeburt, die zuvor nicht sichtbar waren.

Die scheinbar dreidimensionalen Webb-Bilder der sogenannten Cosmic Cliffs sehen wie zerklüftete Berge an einem Abend im Mondschein aus. Tatsächlich ist es der Rand einer riesigen Gasstruktur innerhalb von NGC 3324 und die höchsten “Gipfel” auf diesem Bild sind rund sieben Lichtjahre hoch. Die Struktur wurde durch die intensive ultraviolette Strahlung und stellare Winde von extrem massereichen, heißen, jungen Sternen im Zentrum der Blase oberhalb dieses Bildausschnitts ausgehöhlt.

Die starke ultraviolette Strahlung der jungen Sterne gestaltet die Wand des Nebels, indem sie sie langsam erodiert. Dramatische Säulen erheben sich über die leuchtende Wand aus Gas und widerstehen dieser Strahlung. Der “Dampf”, der von den himmlischen “Bergen” aufzusteigen scheint, ist in Wirklichkeit heißes, ionisiertes Gas und ionisierter Staub, der durch die unerbittliche Strahlung von dem Nebel wegströmt.

Das Webb-Teleskop enthüllt stellare Kinderstuben und einzelne Sterne, die auf Bildern im sichtbaren Bereich vollständig verborgen sind. Aufgrund der Empfindlichkeit des Webb-Teleskops für infrarotes Licht kann es kosmischen Staub durchdringen, um diese Objekte zu sehen. Protostellare Jets, die auf diesem Bild deutlich hervortreten, schießen aus einigen dieser jungen Sterne heraus. Die jüngsten Quellen erscheinen als rote Punkte in der dunklen, staubigen Region der Wolke. Objekte in den frühesten, schnellen Phasen der Sternentstehung sind schwer zu fotografieren, aber die extreme Empfindlichkeit des Webb-Teleskops, und seine räumliche Auflösung und die Abbildungsmöglichkeiten können diese schwer zu beobachtenden Ereignisse dokumentieren.

Diese Beobachtungen von NGC 3324 werden Licht auf den Prozess der Sternentstehung werfen. Die Sterngeburt verbreitet sich mit der Zeit, hervorgerufen durch die Expansion der erodierenden Blase. Wenn sich der helle, ionisierte Rand in den Nebel bewegt, drückt er sich langsam in das Gas und den Staub. Wenn der Rand auf instabiles Material trifft, wird der höhere Druck das Material kollabieren lassen und die Bildung neuer Sterne anstoßen.

Im Gegenzug könnte diese Art von Störung auch die Bildung von Sternen verhindern, weil das dafür erforderliche Material wegerodiert wird. Dies ist ein sehr empfindliches Gleichgewicht zwischen dem Anstoßen neuer Sternbildungsprozesse und deren Verhinderung. Das Webb-Teleskop wird einige der großen offenen Fragen der modernen Astrophysik angehen: Was bestimmt die Anzahl der Sterne, die sich in einer bestimmten Region bilden? Warum entstehen Sterne mit einer bestimmten Masse?

Das Webb-Teleskop wird auch den Einfluss der Sternbildung auf die Entwicklung riesiger Wolken aus Gas und Staub enthüllen. Während der Effekt von massereichen Sternen mit ihren gewaltigen Winden und hoher Energie oft offensichtlich ist, ist weniger über den Einfluss der viel zahlreicheren massearmen Sterne bekannt. Wenn sie entstehen, erschaffen diese kleineren Sterne schmale Jets in entgegengesetzte Richtungen (so wie hier zu sehen), die eine Menge Impuls und Energie in die Wolken übertragen können. Das reduziert den Anteil der Materie in dem Nebel, der neue Sterne hervorbringt.

Bis zu diesem Punkt hatten Wissenschaftler nur sehr wenig Daten über den Einfluss der zahlreichen jungen und energiereichen massearmen Sterne. Mit Webb werden sie in der Lage sein, einen kompletten Zensus ihrer Anzahl und ihrer Auswirkungen auf den Nebel durchzuführen.

NGC 3324 liegt rund 7.600 Lichtjahre entfernt und wurde von Webbs Near-Infrared Camera (NIRCam) und dem Mid-Infrared Instrument (MIRI) fotografiert. Die NIRCam mit ihrem Auflösungsvermögen und der beispiellosen Empfindlichkeit zeigt Hunderte zuvor verborgener Sterne und sogar zahlreiche Hintergrundgalaxien.

In MIRIs Blick leuchten junge Sterne und ihre staubhaltigen planetenbildenden Scheiben hell in mittelinfraroten Wellenlängen und erscheinen pink und rot. MIRI offenbart Strukturen, die in den Staub eingebettet sind und zeigt die stellaren Quellen gewaltiger Jets und Ausströmungen. Mit MIRI leuchten der heiße Staub und die Kohlenwasserstoffe und die anderen chemischen Verbindungen auf der Oberfläche der Ränder, was ihnen das Aussehen von zerklüfteten Felsen gibt.

NGC 3324 wurde erstmals von James Dunlop im Jahr 1826 katalogisiert. Es ist von der Südhalbkugel aus sichtbar und liegt in der nordwestlichen Ecke des Carinanebels (NGC 3372), der sich im Sternbild Carina (Kiel des Schiffs) befindet. Der Carinanebel ist die Heimat des Schlüssellochnebels und des aktiven, instabilen Riesensterns Eta Carinae.

Größere Version der Aufnahme:
https://www.nasa.gov/sites/default/files/thumbnails/image/main_image_star-forming_region_carina_nircam_final-5mb.jpg

Quelle

(THK)

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